
© A. Klaer
WEG ZUM TIERHEIM: Machtkampf im Tierschutzverein
Heftige Kritik an Vereinschef Niklas Wanke / Mitgliederversammlung soll morgen Vorstand wählen
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Mit einer europaweiten Ausschreibung will die Stadtverwaltung bis Ende August einen Investor finden, der in Potsdam ein neues Tierheim baut und betreibt. In einem Interessenbekundungsverfahren hatten sich zuletzt vier Träger gemeldet, um das Projekt zu stemmen. Wenn alles nach den Plänen der Verwaltung läuft, soll im Herbst 2010 ein Tierheim stehen. Derzeit müssen Potsdams Fund- und Verwahrtiere – ihre Unterbringung ist eine Pflichtaufgabe der Stadt – in die 75 Kilometer von Potsdam entfernte Sirius-Hundepension bei Kremmen gefahren werden. pst
Im Potsdamer Tierschutzverein (TSV) gibt es offenen Streit und einen Machtkampf. Nach PNN-Recherchen geht es um Vorwürfe, der amtierende Vorstand unter Vereinschef Niklas Wanke schädige das Image des Vereins. Mit seinem zu harten Konfrontationskurs gegen die Verwaltung sei Wanke dafür verantwortlich, dass die Tierschützer vor anderthalb Jahren das frühere Tierheim Am Wildpark verloren haben. Das sagte gestern Ursula Selke, die den Verein 1990 mitbegründet hat. „Letztlich schadet der aktuelle Vorstand dem Tierschutz, weil keiner mehr mit ihm zusammen arbeiten will – zum Beispiel die Stadtverwaltung“, sagte Selke den PNN auf Anfrage.
Der Zeitpunkt für die Kritik ist pikant: Am morgigen Freitag lädt der Tierschutzverein ab 19 Uhr ins Bürgerhaus am Schlaatz zu seiner Mitgliederversammlung, auf der auch der Vorstand neu gewählt wird. Die Liste der kritischen Themen, die Selke im Vorfeld anspricht, ist lang. So habe der TSV – einer der mitgliederstärksten Vereine in Potsdam – allein im vergangenen Jahr 150 Mitstreiter verloren. Dazu arbeite der Verein defizitär, nur Erbschaften würden den Betrieb aufrecht erhalten. Noch schwerer wiegt für Selke der Dauerkonflikt mit der Verwaltung. Unter anderem habe der inzwischen mit einem Vergleich beendete Streit mit der Stadt Potsdam um Spendengelder zu Anwalts- und Gerichtskosten von mehr als 10 000 Euro geführt. „Die stehen den Tieren nicht mehr zur Verfügung“, so Selke. Dazu arbeite der Vorstand nicht transparent, Kritik sei unerwünscht. „Ich werde den Vorstand in der nächsten Sitzung deswegen nicht entlasten“, kündigte Selke an. Sieht eine Mehrheit im TSV das auch so, bleibt der Vorstand haftbar für das, was er in seiner Amtszeit mit den Vereinsgeldern getan hat.
Ob das aber so passiert, ist unklar. Selke gilt als gute Freundin von Gabriele Daubas, ebenso eine namhafte Kritikerin von Wanke. Mit ihrer Potsdamer Tiertafel hilft Daubas sozial bedürftigen Menschen, damit diese ihre Tiere ernähren können. Nach interner Kritik wurde sie vor Monaten aus dem Verein ausgeschlossen worden ist – nach PNN-Informationen hat sie sich in dieser Woche in einem Vergleich am Potsdamer Amtsgericht allerdings wieder die Teilnahme an der kommenden Mitgliederversammlung erkämpft. Demnach darf sie jedoch nicht als Gegenkandidatin zu Vorstandschef Wanke antreten. Ungewiss ist zudem, wie viele Mitglieder auf der Seite von Selke und Dabaus sind. Potentielle Unterstützer aus den Reihen früherer Führungsmitglieder sollen den Verein aus Frust bereits verlassen haben. 2006 hatte Wanke mit einem völlig neuen Vorstand den Verein übernommen.
Wanke wehrt sich indes gegen die Kritik. So sei die Zahl der Mitglieder von 700 auf 900 gestiegen, widersprach er Selke gestern. Zudem habe der TSV zu keiner Zeit Schulden gemacht. „Im Gegenteil, gerade als wir das Tierheim betrieben haben, konnten wir unsere Rücklagen maßgeblich steigern, obwohl sich die Gemeinden an den festgelegten viel zu hohen Betriebs- und Lohnkosten nicht angemessen beteiligt haben“, so Wanke. Auch verteidigt er etwa die Auseinandersetzungen vor Gericht mit der Stadt. „Die Kosten waren klein im Verhältnis zum existentiellen Risiko, diese Spenden, Erbschaften und Sponsorengelder im sechsstelligen Bereich zu verlieren.“ Auch für seine Wiederwahl gibt sich der TSV-Chef optimistisch: „Kritische Stimmen gibt es immer, aber letztendlich wird sich die Wahrheit durchsetzen.“ Als größten Erfolg seiner Arbeit sieht er, dass seit 2008 die gesetzlichen Mindestanforderung an die Unterbringung der Fundtiere in Potsdam eingehalten werde.
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