Kriminalität in Potsdam: Machtlose Ermittler
Ein Potsdamer entdeckte seine gestohlenen Fahrräder im Internet – doch die Polizei kommt nicht weiter.
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Armin J. ist verärgert. Anfang November sind dem Potsdamer vier hochwertige Fahrräder gestohlen worden. Das Bemerkenswerte: Er kann die entwendeten Räder immer noch täglich betrachten. Auf der polnischen Internetauktionsplattform Allegro werden die Fahrräder für 1095 bis 3200 Zloty – rund 250 bis 800 Euro – seit Wochen zum Verkauf angeboten. Armin J. sagt: „Es ist nicht schön, sein Eigentum im Netz zu betrachten.“ Was J. nicht verstehen kann: Wegen des Diebstahls wird nicht mehr ermittelt.
Die Fahrräder wurden in der Nacht zum 8. November aus dem Schuppen seines Hauses im Bornstedter Feld gestohlen. Auch beim Nachbarn von Armin J. waren zwei Fahrräder weg. Wenige Tage später wurden drei der Räder bei „Allegro“ angeboten. Der Familienvater ging zur Polizei – ohne Erfolg. „Es wurde ja ermittelt – doch nach Aussage der Potsdamer Kripo sind die deutschen Behörden machtlos.“
Das wird von der Polizei im Prinzip bestätigt. Polizeisprecherin Diane Jende sagt, sofort nach Bekanntwerden des möglichen Verbleibs der Räder sei ein Rechtshilfeersuchen an Interpol Warschau gerichtet worden. „Dort wurden aber sofortige Überprüfungshandlungen und die Übermittlung von Telekommunikationsdaten abgelehnt“, so Jende. Vielmehr habe Warschau darauf verwiesen, dass ein internationales Rechtshilfeersuchen gestellt werden müsse. Daher sei das Verfahren an die Staatsanwaltschaft Potsdam abgegeben worden.
Doch von dort bekam Armin J. kurz vor Weihnachten schlechte Nachrichten. „Das Verfahren ist eingestellt worden, weil ein Täter nicht ermittelt werden konnte“, heißt es in dem Bescheid der Behörde. Weitere Nachforschungen seien derzeit nicht erfolgversprechend. Armin J. kann das Ende der Ermittlungen nicht verstehen: „Man gewinnt fast den Eindruck, als werde hier von den polnischen Behörden die Hehlerei von Diebesgut gedeckt.“ Und offensichtlich hätten auch die deutschen Behörden keine Lust, solche Fälle mit Nachdruck zu verfolgen – weiter will der Potsdamer das Ganze nicht kommentieren.
Die Polizei verweist hingegen auf grundsätzliche Probleme, in solchen Fällen zu ermitteln. Polizeisprecher Heiko Schmidt sagt, nur auf der Grundlage von Internetbildern und Beschreibungen sei es in den meisten Fällen nur schwer möglich, festzustellen, ob ein angebotener Artikel tatsächlich identisch mit dem gestohlenen Gegenstand ist. „Und für einen richterlichen Beschluss ist das erst recht unzureichend“, so Schmidt. Armin J. dagegen sagt, von zwei der gestohlenen Räder seien sogar die Rahmennummern bekannt. „Und es gibt bei mir Fotos.“ Zur Zahl solcher Fälle in Potsdam werde bei der Polizei keine Statistik geführt, sagt Schmidt – zumindest in Potsdam handele sich um Einzelfälle.
Die Zahl der Fahrraddiebstähle in Potsdam war laut den Statistiken der Polizei in den vergangenen beiden Jahren konstant. 2011 wurden 1180 Räder gestohlen, 2012 waren es 1174. In diesem Jahr zeichnet sich ab, dass die Zahlen steigen könnten – allein in der ersten Jahreshälfte sind laut der Polizei bereits 769 Fahrräder in Potsdam gestohlen worden. Die Aufklärungsquote lag 2011 und 2012 bei knapp 20 Prozent. Im ersten Halbjahr 2013 ist sie laut Polizei auf 9,4 Prozent gefallen. Unter den Tatverdächtigen finden sich auffällig viele polnische Bürger – allein 2012 stammte ein Viertel der 55 Verdächtigen aus dem Nachbarland.
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