Landeshauptstadt: Madrid im Schlendermodus
Viele junge Potsdamer verbringen ihr Schul- oder Studienjahr im Ausland. Die PNN begleiten vier von ihnen. Zum Auftakt schreibt uns Carlotta aus Spanien
Stand:
„Una Cerveza, por favor“ – „Ein Bier, bitte“, heißt es jeden Abend in Madrid. Dazu bekommt man Nüsse oder Oliven, Schinken oder Käse. Kaum etwas ist alltäglicher in Spanien. Egal zu welchem Wochentag, ab 21 Uhr füllen sich die Bars drinnen und draußen. Man trifft Freunde und verbringt so den Abend.
Wir sitzen in der Cerveceria Tia Cebolla in der Nähe der Puerta del Sol und trinken Bier. Die Luft ist warm und noch sommerlich, eine Jacke braucht man nicht. Die Kellner arbeiten voller Hingabe, tragen Stühle, wenn Freunde dazukommen, bringen Oliven und immer wieder neues Bier. „La cuenta!“ – „die Rechnung“ und dann ziehen wir weiter. Ein paar Straßen, um sich die Beine zu vertreten und einen neuen gemütlichen Platz zu finden. Auf dem Weg preisen Männer vor ihren Restaurants die Karte an. Wir schlendern nicht zielgerichtet, sondern setzen uns, wo es uns gefällt. Die Preise sind fast überall annehmbar. Dann trinken wir das nächste Bier, diesmal gibt es helles Brot mit Schinken dazu. Und so verbringen wir den Abend, ziehen umher und lassen uns hier oder dort nieder.
Wenn es kein Bier ist, so trinkt man tinto verano, Sommerwein – kühler Rotwein mit Limonade und Zitrusfrüchten. Die Stimmung ist gut, in den Straßen ist es laut. Überall wird erzählt und gelacht, schnelles Laufen gibt es nicht, alle sind im abendlichen Schlendermodus. Ist es ein Freitag? Ein Samstag? Ein Dienstag? Ganz egal, diese Szenerie bietet sich an jedem Abend. Man erzählt von der Woche, von den letzten Tagen, man scherzt über Leute, die vorbeigehen und genießt das leichte Leben.
Nicht nur junge Leute, die wie wir am nächsten Tag erst nachmittags Uni haben, sondern eine bunte Mischung aus Alt und Jung tummelt sich in den Straßen. Spanier, Touristen, internationale Studenten, man trifft jeden. Enttäuschend ist es, wenn man am Nachbartisch deutsche Stimmen hört, wo man sich gerade im Herzen des spanischen Lebens wähnte. Doch gehört das genauso zu Madrid wie eben diese Tapaskultur.
Wenn man so durch die Straßen schlendert auf der Suche nach dem nächsten freien Tisch, erwartet man zuerst, dass moderne schicke Bars schnell überfüllt sind. Aber ganz im Gegenteil sind diese oft leer. Blaues Licht soll futuristische Eleganz ausstrahlen, doch das zieht niemanden an. Die traditionellen Bars, in denen das Bier in noch nassen Gläsern auf alte Holztische bugsiert wird, sind deutlich beliebter. Dort ist es voll und laut und auch hier findet sich wieder die bunte Mischung aus Gästen jeden Alters.
Nach einem Abend in den Bars im Zentrum verbringen wir einen anderen Abend im Studentenviertel Moncloa. Nicht weit der Universität Complutense eröffnet sich auch hier ein Straßennetz mit verschiedenen Bars und Cervecerias. Diesmal ist das Publikum deutlich jünger. Bier und Tapas bleiben aber bestehen. Ebenso als wir im alternativen Viertel Malasaña den Abend verbringen. Ein Abend mit Tapas und Freunden ist hier selbstverständlich. Es scheint wie eine Gemeinsamkeit, die hier alle verbindet. Es ist einer der wichtigsten Teile Madrids. Diese Stadt ist eindeutig mehr als die Summe ihrer Häuser, ihrer Straßen und Plätze. Madrid ist Tapas essen und „una cerveza, por favor“ rufen.
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