Kindertagesstätte „Am Heiligen See“: Malkurse im alten Pferdestall
In der Kita „Am Heiligen See“ im Haus Andreae trifft Moderne auf Geschichte des frühen 20. Jahrhunderts. Am Tag des offenen Denkmals ist das Haus für Besucher geöffnet.
Stand:
Ein Pferdestall als Kinderatelier, ein alter Dachboden als Musikraum und ein herrschaftlicher Salon als Gruppenraum. Die Kindertagesstätte „Am Heiligen See“ ist ein schönes Beispiel für eine moderne Nutzung historischer Gebäude. Denn das große Landhaus Andreae in der Seestraße 43 ist mehr als hundert Jahre alt und versprüht mit großzügigem Wohnhaus, Wirtschaftsflügel, Stall und Remisengebäude heute noch den herrschaftlichen Esprit des frühen 20. Jahrhunderts. Zum Tag des offenen Denkmals am 13. September gibt es Führungen durch das Haus, außerdem spielt das Trio „JazzApart“ ein kleines Konzert.
Ursprünglich wurde das dreiflügelige Gebäude für den Rittmeister August Andreae und seine Frau erbaut. Die architektonischen Pläne lieferte Paul Schulze-Naumburg, der Architekt, der auch für das Schloss Cecilienhof verantwortlich war. Baubeginn war im Jahr 1913, schon ein Jahr später, also 1914, konnte August Andreae sein Landhaus beziehen. Über das Leben des Rittmeisters ist fast nichts bekannt. Wie Sabine Ambrosius, Denkmalpflegerin der Unteren Denkmalschutzbehörde, sagt, wisse sie lediglich, dass er kinderlos war und etwa bis in die 1930er-Jahre in dem Landhaus gewohnt habe. Über den Architekten Schulze-Naumburg kann sie mehr erzählen: Geboren wurde er 1869, sein Vater war der Porträtmaler Gustav-Adolf Schultze, der bei Johann Gottfried Schadow studierte. Schulze-Naumburg prägte eine Architekturbewegung Anfang des 20. Jahrhunderts, die sich auf die Architektur des Frühklassizismus zurückbesann und sich durch eine elegante Bauweise mit dezentem Dekor auszeichnete.
„Das sieht man im Landhaus Andreae besonders schön, wenn man die einfachen Wandfelder betrachtet, die ganz ohne bunte Tapeten auskommen“, so Ambrosius. „Es gibt auch nicht mehr in jeder Ecke Spiegel, sondern nur noch an ausgewählten Plätzen.“ So etwa über dem Kamin im ersten Zimmer nach dem Eingangsbereich, der als einziger von ursprünglich drei übrig geblieben und bis heute in Betrieb ist. Wie Kita-Leiterin Gerlinde Ihrke sagt, werden beim Kaminfeuer oft Geschichten vorgelesen und gemütliche Nachmittage mit den Kindern verbracht.
Seit dem Jahr 2000 ist sie bereits Leiterin der Kindertagesstätte „Am Heiligen See“, die im gleichen Jahr in das insgesamt 800 Quadratmeter große Haus eingezogen ist. Kinder werden allerdings schon viel länger dort betreut: Seit dem Jahr 1951 wurde das Haus als Kinderkrippe genutzt. „Nach seinem Auszug hat Rittmeister Andreae das Haus der Stadt verkauft, dann waren erst Privatleute hier drin und dann wohl für zwei Jahre ein Verlag“, so Ihrke und fügt lachend hinzu: „Aber eigentlich wurde das Haus für die Kinder gebaut, immerhin sind die hier schon seit über 60 Jahren zu Hause.“
In dem früheren Herrschaftshaus gibt es heute viele moderne Elemente, die im Zuge der Sanierungsarbeiten Anfang der 2000er eingebaut wurden. So ziert das obere Geschoss etwa eine knallrote Treppe mit silbernem Geländer, der einstige Handkurbel-Küchenaufzug wurde 2006 durch einen elektronischen ersetzt und die Küche wurde auf den neusten Stand gebracht. Trotzdem finden sich überall noch historische Überbleibsel. Etwa in der Sattelkammer, in der die Türrahmen mit Metallschienen verkleidet sind, um die Rahmen durch Anstoßen mit den schweren Sätteln nicht zu beschädigen. Auch das alte Dachgebälk und der Schornstein auf dem Dachboden sind immer noch zu sehen, auch wenn sie heute mit einer brandschutzsicheren Verkleidung versehen sind. „Hier oben halten wir Elternversammlungen ab oder machen Musik mit den Kindern“, sagt Ihrke. Auch ein freundliches Dachbodengespenst soll sich hier oben verstecken, vor dem sich aber niemand zu fürchten braucht, wie sie augenzwinkernd sagt.
Auch die sonstigen Räume sind zweckentfremdet worden: Während die ehemalige Schlafstätte der Kammerjungfern heute ein Kinderbad ist, wird der ehemalige Herrschaftssalon als Gruppenraum mit Esstischen belebt. Auch die direkt an den Salon angeschlossene Terrasse wird von den Kindern als Essplatz genutzt, während der Garten zu einem großen Spielplatz umgewandelt wurde.
Ein besonderes Highlight ist der ehemalige Pferdestall, in dem noch die alten Eisenstangen stehen, an denen einst die Trennwände der Pferdeboxen angebracht waren. Auch die alte Futterstelle ist mit den Originalfliesen noch erhalten. Heute wird der frühere Stall allerdings als Kunstatelier für die Kinder genutzt, die bunten Skulpturen und Bilder, die hier entstehen, finden sich im ganzen Haus wieder.
Zum Tag des offenen Denkmals am 13. September gibt es um 12, 13, 14 und 15 Uhr Führungen durch das Landhaus Andreae in der Seestraße 43. Das Trio „JazzApart“ spielt um 14 Uhr
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: