Landeshauptstadt: Mammutvorhaben nahe Schloss Sanssouci
Gestaltungsrat will Kunstdepot-Neubau weiter beobachten / Kritik an Semmelhaack-Plänen / Fontaneschule: Fassade unbefriedigend
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38 Millionen Euro will die Stiftung Schlösser und Gärten investieren, um auf dem Grundstück des früheren Theaters in der Zimmerstraße ein Kunstdepot plus Werkstätten zu errichten. „Das ist ein wichtiges Projekt, weil es um das Unantastbare geht“ sagt Ulla Luther, Vorsitzende des Gestaltungsrates, welcher die Stadt Potsdam in städtebaulichen Fragen berät. Beim „Unantastbaren“ handelt es sich um Park und Schloss Sanssouci, von dem der Neubaukomplex mit 9 000 Quadratmetern Nutzfläche nur fünfhundert Meter entfernt ist.
Das Gebäudeensemble wird unter anderem für die Archivierung der graphischen Sammlungen, die Gemälde- und Architektursammlung, die Textilrestaurierung sowie das Dokumentations- und Informationszentrum (DIF) benötigt. Letztes bildet zusammen mit der Sanssouci-Bibliothek das Kernstück des Neubaus. In einem Studienraum können unter anderem Original-Bauunterlagen der Schlösser und Gärten eingesehen werden. Derzeit befinden sich Teile des DIF in der benachbarten Villa Liegnitz.
Der Berliner Architekt Volker Staab versicherte auf der Gestaltungsrat-Sitzung, dass ein Bau an dieser Stelle eine „dienende Rolle“ spielen müsse, eine Formulierung, welche Ulla Luther ausdrücklich lobte. Es handelt sich um insgesamt sechs teilweise miteinander verbundene Blöcke, deren Geschosshöhen von der Zimmerstraße in Richtung Park Sanssouci abfallen. Ein großer Teil befindet sich unter der Erde. Erstmal zeigte der Architekt Fassadenfragmente, auf denen ein marmorierender grauer Farbton dominiert. Die Lochfassaden sind durch große Glasflächen mit Treppenhäusern aufgelockert. Giebelseitig sind unsymmetrische Satteldächer zu sehen, die optisch an Werkstatthallen erinnern.
Derzeit noch völlig ungeklärt ist der Umgang mit Teilen des Altbaus an der Zimmerstraße. Auf einer Bürgerversammlung im November 2011 sagte Demir Arslantepe namens der Stiftung, Zuschauerraum und Bühnenturm würden samt den anderen Gebäuden abgerissen. Lediglich die unter Denkmalschutz stehende Front mit der Gedenkplatte zur Erinnerung an die Vereinigung von KPD und SPD zur SED solle erhalten bleiben. Gestern hieß es, dass zu den Bestandsgebäuden noch Untersuchungen stattfinden. Die Verbindung zu den Neubauten sei völlig unklar. Der Gestaltungsrat äußerte sich zwar nicht ablehnend, doch recht verhalten. Ulla Luther sagte am Ende zum Architekten: „Wir sehen uns bestimmt wieder, denn wir wollen die Planungen weiter beobachten.“
Härter fiel das „Urteil“ über das Semmelhaack-Wohnprojekt am Kreisel zwischen Babelsberger Straße und Friedrich-List-Straße aus. „Zu dicht und kaum Transparenz zur Landschaft“ hieß es. Luther bemängelte insbesondere einen Achtgeschosser unmittelbar am „Stadteingang“ Babelsberger Straße mit über achtzig Wohnungen. Eine anschließende schlangenartige Blockbebauung an der Eisenbahnline mit 250 Zweizimmerwohnungen lehnten die Beiratsmitglieder ebenfalls ab. „Diese Figur mit ihrem enormen Bauvolumen wirkt ausgesprochen fremd.“ Da halfen auch die Versicherungen des Bauherren nicht, dass nach den Erfahrungen vom Quartier am Bahnhof „die Leute dort gern wohnen.“
Die Sanierung der Fontane-Oberschule in der Waldstadt war das dritte Projekt, das nicht die Zustimmung des Gestaltungsbeirats fand. Die italienische Professorin Mara Pinardi beschrieb die alte Fassade mit ihren Ockertönen und der klaren Linienführung als „sehr würdevoll“ und schlug dem Werderaner Architekten Wolfgang Kagel vor, diese Gestaltung wieder aufzunehmen.
Günter Schenke
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