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Landeshauptstadt: „Man kann 10 Euro auch beim Augenarzt bezahlen“

KV Brandenburg rechnet mit großem Verwaltungsaufwand für Ärzte, wenn Gebühr in Kraft tritt

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KV Brandenburg rechnet mit großem Verwaltungsaufwand für Ärzte, wenn Gebühr in Kraft tritt Von Karsten Sawalski Was passiert zum 1. Januar 2004, wenn im Zuge der Gesundheitsreform eine Praxisgebühr von zehn Euro in jedem Quartal für jeden Arzt- oder Zahnarztbesuch fällig wird? Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Brandenburg hatte am Montagabend zu einem Gespräch über Praxisgebühren und Ärztemangel in Brandenburg eingeladen. Der Vorsitzende der KV Brandenburg, Doktor med. Hans-Joachim Helming, rechnet zum Beginn des neuen Jahres mit dem Schlimmsten. „Die Hausarztpraxen werden nicht mehr zu ihrer eigentlichen Aufgabe, der medizinischen Versorgung von Patienten, kommen“, so Helming, „sondern massenhaft Überweisungsscheine schreiben müssen“. Dazu käme noch ein beträchtlicher Teil von Patienten, die ansonsten nur ein Facharzt aufsuchen und jetzt denken würden, dass sie sich bei einem Hausarzt anmelden müssten, befürchtet Helming. „Das ist aber gar nicht notwendig, man kann die Gebühr für das Quartal auch bei seinem Augenarzt bezahlen“, erklärt Ralf Herre, der Pressesprecher der KV Brandenburg. „Wir haben alle Medizin studiert“, sagt Helming, „ich kann als Gynäkologe auch eine Grippe behandeln“. Ausnahmen von der Gebühr bilden alle Patienten, die unter 18 Jahre alt sind, außerdem Patienten, die eine Präventions- und Vorsorgemaßnahme treffen und diejenigen, die einen Überweisungsschein vorzeigen. In der Praxisgebühr sehen die Vertreter der KV nur eine positive Wirkung. „Sie übt eine gewisse Steuerungsfunktion aus“, sagt Herre, weil die Patienten nicht mehr unbegrenzt die Ärzte wechseln könnten, um eine für sie passende Diagnose oder Krankschreibung zu bekommen. Ganz „besonders schlimm“ seien Frauen von der Gebühr betroffen, die zum Arzt kommen, um sich die Pille verschreiben zu lassen, meint Helming, „die zahlen zu dem Medikamentenpreis noch die zehn Euro dazu. Wie will man das den Patientinnen klar machen?“ Der Vorsitzende fürchtet, dass sich der Frust der Patienten in den Praxen entladen werde und sieht die Praxisgebühr als eine „Kassenabgabe“, die den Ärzten einen immensen Verwaltungsaufwand beschere, ohne dass sie dafür eine Gegenleistung bekämen. Dazu würden die Ärzte auch noch das finanzielle Risiko tragen, weil ihnen die Gebühr direkt vom Honorar abgezogen wird „Das Inkassorisiko liegt wieder mal nicht bei den Krankenkassen“, sagt Helming empört. Wenn Patienten beim Arztbesuch das Geld nicht bei sich haben oder wenn es sich um einen Notfall handelt, müssen die zehn Euro durch Mahnbriefe oder durch Einschaltung eines Inkassounternehmens eingefordert werden. Helming rät den Ärzten, die Gebühr gleich zu kassieren. „Den Betrag hat normalerweise jeder in der Tasche und wenn nicht, kann auch per EC-Karte bezahlt werden - dafür sind die meisten Praxen ausgerüstet“, so Helming, der das Gesundheitssystem als „generell veränderungsbedürftig“ ansieht. Um wirkliche Transparenz zu erreichen, solle der Patient „wie ein Kunde im Supermarkt“, zunächst zahlen.

Karsten Sawalski

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