Landeshauptstadt: „Man kann immer was machen!“
Potsdams Liberale wollen heraus aus der außerparlamentarischen Opposition – und eine Fraktion werden
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Möglichst in Fraktionsstärke wollen Potsdams Liberale in die neue Stadtverordnetenversammlung einziehen. Das würde bedeuten, dass mindestens vier der 64 FDP-Kandidaten bei den Kommunalwahlen am 28. September den Sprung ins Stadtparlament schaffen. Ein ehrgeiziges Ziel – schließlich ist die FDP derzeit in der Stadtverordnetenversammlung nicht einmal existent. Ihr einziger Vertreter Gerhard Arndt wechselte in diesem Jahr ins Bürgerbündnis und trat aus der Partei aus.
Kreisvorsitzender Marcel Yon gab sich gestern beim Besuch der PNN-Redaktion jedoch optimistisch. Potsdams Liberale hätten in den vergangenen drei Jahren „eine erfreuliche Entwicklung genommen“. Mittlerweile habe die FDP über 150 Mitglieder – mehr als die Hälfte davon sei in den vergangenen Jahren neu eingetreten. „Die FDP geht gestärkt aus einem Selbstreinigungsprozess hervor“, sagte Yon, Spitzenkandidat im Wahlkreis I. „Das Potenzial ist da“, meint auch Björn Teuteberg, der im Wahlkreis III die Liste anführt.
Das Motto des Wahlkampfes der Potsdamer FDP lautet: „Man kann immer was machen!“ Das hätten die Liberalen in der vergangenen Zeit auch als außerparlamentarische Opposition gezeigt, sagte Yon. Der Kreischef nannte Studien zur Schulwegsicherung, die bereits bei zwei Grundschulen zur Verbesserung der Verkehrssituation geführt hätten, und zur Situation bei Kitas und Schulen, bei denen Missstände aufgedeckt worden seien. Besonders im Internet sind die Liberalen aktiv. So gibt es ein von der FDP erarbeitetes Vereinsverzeichnis, das der Vernetzung bürgerlichen Engagements dienen soll, und ein Familienportal, auf dem sich Eltern über Schulen und Kitas und deren Profil informieren können.
Der Slogan „Man kann immer was machen!“ beziehe sich aber auch auf die Stadt selbst, betonte Yon. Potsdam gehöre zu den Städten in Ostdeutschland mit den besten Potenzialen. „Doch die Stadt macht nichts daraus“, so Yon. Im Gegenteil: Potsdam stehe „unterdurchschnittlich“ da. Die Liberalen verweisen auf Geldverschwendung, unter anderem beim Niemeyer-Spaßbadprojekt, auf Filz und Vetternwirtschaft bei der Besetzung städtischer Posten, „Selbstverwirklichungspartys“ – gemeint ist das Stadtwerkefest – und Führungsschwäche in der Stadtspitze.
Diese beziehe sich beispielsweise auf bürgerliches Engagement. Statt „konstruktiv gemeinte Initiativen anzunehmen, fühlen sich die Verantwortlichen in der Stadt oft angegriffen und gehen auf Abwehr.“ so Yon. „Das in der Stadt vorhandene Know How wird nicht abgerufen“, sagte Martina Engel-Fürstenberger, ebenfalls Spitzenkandidatin im Wahlkreis I.
Kreischef Yon: „Wir haben ein Managementproblem in der Stadt.“ Es fehle eine Strategie. Als Beispiel nannte er die Bereitstellung nachfragegerechter Kita- und Schulplätze. Bis 2012 werde sich die Zahl der Schüler, die in Potsdam eine weiterführende Schule besuchen wollten, verdoppeln. Dabei werde es zu einem überproportionalen Bedarf an Gymnasialplätzen kommen. „Doch Potsdam ist überhaupt nicht darauf vorbereitet.“ Im Gegenteil, Privatschulen würden derzeit nur Steine in den Weg gelegt. Als Beispiel nannte er die Marienschule in Babelsberg.
Bildung, Finanzen, Stadtentwicklung und bürgerliches Engagement werden Schwerpunkte im Wahlkampf sein. Wie Yon betonte, müsse Potsdam zu einer Stadt werden, in der keine Gräben aufgeschüttet werden, „wie von den Linken praktiziert“. Noch sei beispielsweise die Einbindung der neuen Ortsteile nicht gelungen, auch müsse für die Integration ausländischer Mitbürger mehr getan werden. Es werde im Wahlkampf aber auch um einfache Alltagsdinge, wie Sauberkeit und Sicherheit gehen. So verwies Stefan Becker, Spitzenkandidat im Wahlkreis II, auf eine Einbruchserie in Bornstedt und Groß Glienicke. „Dort besteht ein größerer Sicherheitsbedarf – dem muss man einfach gerecht werden.“
Michael Erbach
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