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Erklärungen am Mondglobus. Der Astro-Klub in Aktion: Max-Leon, Aaron, Tilmann, Kilian und Felicia (v.l.n.r.) mit ihrem Klub-Leiter Simon Plate im Kuppelraum des Urania-Planetariums.

© Andreas Klaer

Landeshauptstadt: Man muss vor allem das Licht ausmachen

Auf der Spur von Johannes Kepler: Im Astro-Klub im Planetarium der Urania herrscht Forschergeist

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Dienstagabend 17 Uhr. Während andere Kinder mit der Playstation herumdaddeln oder Fußball spielen, sitzen Max-Leon, Aaron, Kilian, Tilman und Felicia ganz oben unterm Dach bei der Urania. Dort befindet sich das Planetarium, einmal in der Woche findet hier der Astro-Klub statt. „Also wir spielen natürlich auch Fußball“, rückt Max das Klischee vom introvertierten kleinen Wissenschaftsgenie gleich gerade. Aber das hier sei schon sehr interessant.

Die fünf Kinder, alle in der sechsten oder siebten Klasse, bewegen sich in den Räumlichkeiten des Planetariums grad so, als wäre es ihr Wohnzimmer. Simon Plate, 24 Jahre alt und Student der Geoökologie aus Berlin, leitet den Klub seit zwei Jahren und hat die schwierige Aufgabe, den Wissensdurst der Bande in die richtigen Bahnen zu lenken. Sagen darf er auch mal etwas – tatsächlich aber ist Aaron der unangefochtene Wortführer, der immer ein paar Gedankenwindungen weiter zu sein scheint.

Das mit dem neuen Projektor zum Beispiel sei ganz einfach, erklärt er: ein Rohr mit unzähligen Löchern drin, und jedes steht für einen Stern. „Man muss vor allem das Licht ausmachen“, fällt ihm noch ein. Und bitte keinesfalls an die Geräte lehnen, sonst verstellt sich alles und es muss wieder ein Zeiss-Team aus Jena anreisen.

„Ziemlich bald nach der Wende flog der Astronomie-Unterricht aus der Stundentafel“, erinnert sich Rolf König, Astronom und Leiter des Urania-Planetariums. Nur vereinzelt bieten heute Schulen im Nachmittagsprogramm fakultativ eine Astro-AG an. Zu wenig, findet König. Der Klub der Urania ist deshalb kostenfrei, ein „Geschenk“ des Vereins.

Vorwissen sei nicht nötig, normales Interesse wünschenswert. Und ja, da sind auch ein paar Freaks dabei. Die lümmeln mittlerweile entspannt in den bequemen nachtblauen Plüschsesseln unter der Kuppel und schauen, was Plate da auf ein Blatt Papier zeichnet. Um Erdbahnen soll es gehen. Ob sie denn wissen, wann die Erde auf ihrem Weg um die Sonne dichter an dieser ist – im Sommer oder im Winter? Böse Falle. Aber einer weiß dann doch die richtige Antwort, irgendwie hängt das doch mit der Erdgeschwindigkeit zusammen und den Keplerschen Gesetzen.

Dann rollt Plate einen Drehstuhl heran und bittet darum, Platz zu nehmen. Im Selbstversuch wird demonstriert, warum die Erde schneller wird, je dichter sie an der Sonne ist. „Das nutzen Balletttänzer und Eiskunstläufer auch, wenn sie Pirouetten drehen“, meint Plate. Die Kinder sitzen da schon am Tisch über Bastelkram, Klebestiften, Korkstückchen, Scheren. Sonnenuhren und Sternkarten entstehen hier, inmitten all der mittelalterlichen Globen, Teleskope, historischen Schriften und Modelle, die in Vitrinen ausgestellt sind.

Die Themen der einzelnen Treffen stimmt Plate stets mit den Kindern ab, demnächst wird er wohl den Maya-Kalender erklären müssen. Max-Leon hat danach gefragt. „Aber das ist ein bisschen viel Stoff“, warnt er vorsichtig.

„Wir gehen natürlich auch jedes Mal in die Kuppel und sehen uns was an“, sagt Simon Plate. „Reisen durch das All“ nennen das die Kinder, und letztens sei sogar ein Raumschiff durchgeflogen.

„Das ist dann ein bisschen wie 3D“, erklärt König, seit gut einem Jahr kann er mit der neuen Technik diese Full-Dome-Show anbieten. Gern kommen Schulklassen in sein Haus, das Programm der Urania bietet für jeden Geschmack und Wissensstand etwas an. Die kleinsten Gäste sind vier Jahre alt. Sternbildbetrachtungen, historische Themen, Sonnen- und Mondfinsternisse, Entstehung der Jahreszeiten – das Programm ist vielfältig. Hinzu kommt die Hörspielreihe, und wer immer noch nicht genug hat, kann das Planetarium für eine Geburtstagsfeier buchen.

Nur mit den öffentlichen Beobachtungen im Außengelände hat es bis jetzt noch nie geklappt, ist König etwas traurig, des Wetters wegen. Dabei sei doch genau das so interessant. Aber die wenigsten Astronomen forschen noch „im Felde“, meist sitzen sie nur vor Rechnern, bedauert Plate. Vielleicht wollte er deshalb nicht Astronomie studieren, sagt der Geoökologe. Die Wissenschaften ließen sich ohnehin nicht trennen. Mit etwas Kopfrechnen finden die Kinder heraus, dass der Sommer vier Tage länger ist als der Winter. Ganz einfach eben.

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