
© Andreas Klaer
Landeshauptstadt: Manchmal klingelt’s erst wenn’s funkt
Ende eines langen Posse: Behindertenbeirat installierte am Filmmuseum eigenmächtig eine Funkklingel
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Innenstadt - Schöne Grüße aus Schilda: Das Filmmuseum Potsdam hat eine Extra-Klingel, mit der Rollstuhlfahrer das Museumspersonal rufen können. Diese eilen herbei und installieren dann eine Auffahrrampe, damit die Mobilitätsbehinderten eine Treppenstufe überwinden und ins Museum oder ins Kino kommen können. Schon das gilt für den Potsdamer Behindertenbeauftragten Karsten Häschel als „das letzte Mittel“ – schließlich wünschen sich Behinderte bauliche Verhältnisse, die es ihnen ermöglichen, ohne die Hilfe anderer Menschen zurechtzukommen. Doch wenn es nicht anders geht, weil etwa der Denkmalschutz Umbauten untersagt, dann tue es zur Not auch eine Klingel. Voraussetzung ist freilich, dass die Rollstuhlfahrer mit dem Arm den Klingelknopf erreichen können – was beim Filmmuseum nicht der Fall ist. Die Rollstuhlfahrer Hans-Eberhard Bewer und Karl-Heinz Keßler demonstrierten gestern vor Journalisten, dass der Knopf für sie unerreichbar ist.
Die Behinderten monierten den sehr nah an einer hinderlichen Säule installierten Knopf – und setzten damit einen zweijährigen Prozess mit einem umfangreichen Schriftverkehr zwischen mehreren Großinstitutionen in Gang, der gestern abrupt ein Ende fand: Mitglieder des Behindertenbeirates installierten eigenmächtig einen Funkklingelknopf an einem Schaukasten des Museums; das entsprechende über Funk angesprochene Geläut erhielt der Mitarbeiter an der Kinokasse im Hausinneren. Kosten der im Baumarkt erstandenen Funkklingel: zwölf ehrliche Euro.
In der Verwaltungsspitze des Museums wurde die Klingelaktion mit gedämpftem Amüsement aufgenommen. Bereits in der Vorwoche habe er per E-Mail mehreren Behinderten-Vertretern mitgeteilt, dass die „langwierigen Abstimmungsgespräche“ mit dem Eigentümer der Museumsimmobilie, der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten, erfolgreich abgeschlossen werden konnten, erklärte Gabriel Maasberg, Verwaltungschef des Filmmuseums, auf PNN-Anfrage. Diese Mitteilung habe auch eine Einladung für den 2. Mai, 14 Uhr, enthalten, eine bis dahin angebrachte „vernünftige Klingel“ in Augenschein zu nehmen. Darauf habe er keine Antwort bekommen. Stattdessen folgte die gestrige Aktion mit der Montage der Baumarktklingel im Beisein der Presse. „Schaumschlägerei“ sei das, reagierte Maasberg ungehalten. Die batteriebetriebene Funkklingel sei im Übrigen nicht die Lösung aller Probleme; im Winter würde sie gar nicht funktionieren.
Jan Peter Schmarje, Vorsitzender des Potsdamer Behindertenbeirats, sagte den PNN, er wisse nichts von einer E-Mail Maasbergs. Rollstuhlfahrer Bewer dagegen bekannte, die Information erhalten zu haben: „Wir wussten es, wollten aber dennoch auf unser Problem hinweisen.“ Zudem habe das Filmmuseum erst reagiert, nachdem die Einladungen für die gestrige Funkklingel-Montage bereits längst verschickt worden waren. G. Berg
G. Berg
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