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Homepage: Mangel an Grundwissen

Diskussion zu Studierfähigkeit der Abiturienten

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„Ein Tempeltänzerabitur wird es in Zukunft nicht mehr geben“, freut sich Thomas Grünewald, Vizepräsident für Lehre und Studium der Universität Potsdam. Durch eine Veränderung der Oberstufe soll es ab dem Schuljahr 2012/2013 ausgeschlossen sein, das Abitur ausschließlich mit den Fächern Musik, Sport und Religion zu bestehen. Grünewald hofft, dass dadurch eine Wissenslücke zwischen Schule und Hochschule geschlossen werde. Ob das wirklich der Fall sein wird, wurde unlängst auf Einladung des Deutschen Hochschulverbandes an der Universität diskutiert.

Fünf Fächer mit jeweils vier Stunden in der Woche werde es voraussichtlich beim Abitur künftig geben, nicht mehr zwei Leistungskurse mit jeweils fünf Stunden wie bisher, erläutert Regina Mayer vom Bildungsministerium Brandenburg. Die breiter gestreuten Kurse mit „erhöhtem Anforderungsniveau“ sollen die „Studierfähigkeit“ der Schulabgänger erhöhen. Denn an dieser mangele es, glauben einige der versammelten Hochschullehrer. Insbesondere die „Mint-Fächer“ seien arg ins Hintertreffen geraten. „Mint“ ist die Abkürzung für den Fächerkanon aus Mathe, Informatik, Naturwissenschaften und Technik, bei dem gerade die Universität Potsdam einen deutlichen Schwerpunkt legt.

Nachdem nun das Abitur schon in zwölf Schuljahren zu erreichen sei und mit dem Bachelor nach drei Jahren Studium ein vollwertiger Abschluss vorliegen soll, hapere es am notwendigen Grundwissen der Studenten, stellen die Hochschullehrer fest. Das sei ja schon etwas widersprüchlich, bemerkt ein anwesender AStA-Vertreter. Erst werde die Schulzeit verkürzt, dann fehle das notwendige Wissen. Grünewald verweist auf Amerika. Dort gebe es gezielt ausgerichtet Aufnahmeprüfungen an der jeweiligen Universität. Dann würden alle Studenten in einer Eingangsphase so unterrichtet, dass alle den gleichen Stand in Mathe und Physik aufwiesen.

Wie weit es möglich sein wird, individuelle Defizite künftiger Studenten auszugleichen hinterfragt allerdings Birgit Ufermann, die Justiziarin des Deutschen Hochschulverbandes. 1,25 Millionen Studenten würden in den kommenden Jahren zusätzlich an die deutschen Hochschulen drängen. An sich sei es daher notwendig, die Unis bis zum Jahr 2020 mit weiteren 3,3 Milliarden Euro jährlich auszustatten. Tatsächlich wären aber seit 1995 etwa 1500 Professorenstellen gestrichen worden.

Die gegenwärtige Studienabbrecherquote an deutschen Universitäten von 25 Prozent hinterfragt Britta von Kempen, Referentin der Universität Potsdam. 37 Prozent der Abbrecher hätten Zweifel an der persönlichen Eignung, 28 Prozent beklagten zu hohe Studienanforderungen und 20 Prozent hätten schon den Einstieg in das Studium nicht geschafft. Kempen vermutet, dass sich einige künftige Studenten schlicht unzutreffende Vorstellungen vom Studium gemacht hätten. An der Universität werde ein selbständiges Lernen verlangt, das die Schule nicht unbedingt vermittele.

Lehrveranstaltungen mit bis zu 260 Studierenden bei denen im Frontalunterricht geballter Wissensstoff vermittelt wird, schätzten die Professoren nicht rundweg negativ ein. Das sei durchaus eine effektive Art zu lehren und zu prüfen. Grundlagen würden anderswo vermittelt. Richard Rabensaat

Richard Rabensaat

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