Landeshauptstadt: Mangelware
In Potsdam gibt es neuen Probenraum: Doch junge Bands werden wohl weiter zu wenig Platz haben
Stand:
Die „Anti Kerls“ haben es nicht leicht: Das Schlagzeug der Punk-Ska-Band ist halb kaputt, die Becken gesprungen, die Felle gerissen. Zudem müssen die 16- und 17-jährigen Mädchen in ihrer Lenné-Schule am Humboldtring proben. Doch nach zwei Jahren der Suche ist das überhaupt erst einmal ein Raum. Denn alle Anfragen bei anderen Jugendclubs hätten nichts gebracht: Entweder seien die Räume alle ausgebucht oder zu teuer gewesen. „In Potsdam gibt es zu wenig gute Probenräume, die sich junge Bands auch leisten können“, so die Erfahrung von Laura Ströber, die bei den „Anti Kerls“ mitspielt. Auch die Schule nun ist offenbar keine Ideallösung, müssen sie sich doch an bestimmte Zeiten halten: „Aber das ist immerhin besser als gar nicht spielen.“
Den wahrgenommenen Engpass bei Menge und Qualität preiswerter Proberäume in Potsdam möchte jetzt die Freie Musikschule in der Feuerbachstraße mit drei eingerichteten Räumen zumindest lindern. Zwei davon sind allerdings nur für Schlagzeuger da, die dort üben können. In den eigentlichen Bandprobenraum hat die Schule die komplette Ausrüstung für eine Band gestellt: Schlagzeug, Verstärker, Mischpult... „Gern können Bands aber auch ihre Sachen bei uns unterstellen“, sagt Roland Menthel, der die schallisolierten Räume betreut. Die Kosten pro gemieteter Stunde liegen dabei laut seinen Angaben bei acht bis zehn Euro. „Es sind noch ein paar Plätze verfügbar.“ Zudem biete die Schule, falls dies gewünscht werde, zusätzliches „Bandcoaching“ an, so Menthel: „Erfahrene Musiker unserer Schule würden jungen Bands dabei einfach einige Tipps für ihre Songs geben.“
Doch ob sich die Situation bei Proberäumen in Potsdam allein dadurch verbessert, ist fraglich. So schließen mit der Sanierung des Waschhauses in der Schiffbauergasse drei Proberäume spätestens im Sommer auf unbestimmte Zeit. Andere Übungsmöglichkeiten wie im Lindenpark in der Stahnsdorfer Straße sind auf Dauer ausgebucht, ebenso die elf Plätze, die das studentische Kulturzentrum in der Hermann-Elflein-Straße bietet. Positiv sieht es dagegen zur Zeit im Jugendclub 18 in der Pietschkerstraße aus: Dort habe man derzeit wieder einige freie Kapazitäten, da ein paar Bands aufgehört hätten. Die Kosten würden bei 2,50 Euro pro Stunde liegen. „Wir nehmen wieder Bewerbungen an“, sagt Lutz Küken, Chef des Jugendclubs. Allerdings müssten sich Bewerber wie in der Freien Musikschule den Raum mit anderen Bands teilen.
Wer das nicht will, dem hilft nur Eigeninitiative. Lukas Dokarzek kann davon ein Lied singen. Der 16-jährige Potsdamer und seine Psychedelic-Bluesrock-Band Uhrwerk suchen bereits seit knapp zwei Jahren einen Proberaum. „Wir haben in der ganzen Stadt geforscht, der Region darum und sogar in Berlin.“ Wenn es Räume gäbe, seien die für Schüler nicht erschwinglich. Und selbst Jugendclubs würden oft von Älteren beansprucht. Proberäume in der Schule hätten dagegen sehr schlechte akustische Bedingungen und ständen meist nur zeitlich begrenzt zur Verfügung. Das Fazit von Lukas: „Die Situation in Potsdam ist mangelhaft.“ So proben Uhrwerk im ständigen Kompromisszustand: „Wir haben uns privat auf einem Dachboden eingerichtet.“ Henri Kramer
Proberäume Freie Musikschule
www.probenraum-potsdam.de
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: