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Landeshauptstadt: Männer allein im Wald

Rollenbild und Realität: Der Potsdamer Manne-Verein arbeitet seit 1997 mit Jungen und jungen Männern

Stand:

Männer sind hart, stark und zeigen keine Schwächen. Sie ernähren die Familie und schützen sie. Jungen müssen zu Härte und Stärke erzogen werden. Steinzeitliches Rollenbild oder heutige Realität? Der Manne e.V. hilft Jungen und jungen Männern beim Mannwerden. Neben dem Abbau von Klischees setzt sich der Potsdamer Verein präventiv sowie nachträglich mit dem scheinbar männlichen Thema Gewalt und Aggression auseinander. Für Projekte in Brandenburger Justizvollzugsanstalten (JVAs) übergab Justizminister Volkmar Schöneburg (Linke) dem Manne e.V. gestern einen Scheck über 1300 Euro. Es ist der Erlös des jährlich in den JVAs stattfindenden Osterbasars.

Auch in JVAs selbst ist der Manne e.V. tätig, arbeitet mit Insassen Gewalterfahrungen auf, lehrt, wie man Konflikte gewaltfrei lösen kann. Doch das ist nur ein kleiner Teil der Arbeit des Vereins, der sich seit 1997 für „geschlechtsbewusste Arbeit mit Jungen, Männern und pädagogischen Fachkräften“ engagiert, wie es auf der Webseite heißt. Ähnliche Angebote gibt es in Brandenburg nur wenige.

Die 1300-Euro-Spende wird in das Projekt „Phönixzeit“ fließen, erklärt Vereinschef Eike Schwarz. Von April bis November treffen sich während der „Phönixzeit“ 13- bis 16-jährige Jungen zu gemeinsamen Wochenenden, die den Prozess des Mannwerdens symbolisieren sollen. Abschluss findet die sogenannte „Zeit des Wandels“ mit einer Nacht, die jeder Junge allein im Wald verbringt. Aufgrund der hohen Nachfrage hat der Verein einen Spendentopf zur Finanzierung eingerichtet. Die „Phönixzeit“ wird vom Manne e.V. als Ersatz für einen fehlenden Ritus zum Erwachsenwerden gesehen und soll identitätsstiftend wirken.

Wenn Eike Schwarz von der Vereinsarbeit spricht, fällt auf, dass viele der Projekte dort ansetzen, wo andere aufhören. So plädiert er für eine sinnvollere Nutzung von Sozialstunden. Der Leiter eines Jugendclubs habe keine Zeit, sich „zwischen Hofkehren und Billardspielen“ mit dem Gewaltverhalten eines Jungen auseinanderzusetzen. Die Jungen „müssen sich als Mittelpunkt fühlen“. Gemeinsam mit der Aktion Mensch organisiert der Manne-Verein ein präventives Programm, das von Jugendrichtern als Bewährungsauflage eingesetzt werden soll. Es soll eine Anleitung zur gewaltfreien Konfliktlösung geben und gleichzeitig das Selbstbewusstsein der jugendlichen Männer stärken.

Im Moment ist Manne e.V. vor allem in Schulen tätig. Gezielte Jungenarbeit würde gebraucht. „Die Jungen kommen weniger mit dem Bildungssystem zurecht als Mädchen“, so Schwarz, auffällig viele Jungen hätten schlechtere Noten, Lehrkräfte hätten vermehrt Probleme mit Jungen. Schwarz beklagt, dass verhaltensauffällige Jungen an Förderschulen „aussortiert“ würden. In der Förderschule Potsdam seien 59 von 60 Schülern Jungen.

Neben all den Projekten, die sich mit Defiziten beschäftigen, veranstaltet der Verein auch ein Männerwochenende fern von Problemen. Bei den „Potsdamer Jungentagen“ können 100 sechs- bis zwölfjährigen Jungen mit erwachsenen Männern Sport treiben oder handwerklich tätig werden. Jeweils am dritten Septemberwochenende wird auf Hermannswerder in Jurten gecampt. Frauenfreie Zone – Männer sind da unter sich. Was woanders zum Problem werden kann, bringt Eike Schwarz in diesem Fall zum Strahlen.

Im Internet:

www.mannepotsdam.de

Vera Krellmann

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