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Steffi Pyanoe.

© A. Klaer

Kolumne PYAnissimo: Margarine für die Biosphäre

Letztes Wochenende habe ich einen Frankfurter Kranz gebacken. Er wurde – na ja – so lala.

Stand:

Letztes Wochenende habe ich einen Frankfurter Kranz gebacken. Er wurde – na ja – so lala. Es war mein erster, ich hatte mich, nach langem Suchen, für eines von vielen garantierten Originalrezepten aus dicken westdeutschen Backbüchern entschieden. Er sah gut aus und schmeckte, aber der Teig war zu kompakt. Zu schwer. Hätte ich vielleicht das Rezept von Regine Hildebrandt nehmen sollen?

Frankfurter Kranz war der Lieblingskuchen der einstigen, sehr beliebten Brandenburger Ministerin. Sie wusste bestimmt, wie er richtig gut wird. Aber sie nahm Margarine statt Butter und Haferflocken statt Nüsse für den Krokant. Ich dachte, wir sind ja mittlerweile im Westen angekommen, das geht nun gar nicht. Die Hildebrandt hatte sicher ihren Grund für die Spar-Variante: Irgendwie musste eine solche Wohlstandspracht damals eben auch im Osten zu machen sein, notfalls mit Margarine. Frei nach ihrem oft zitierten Spruch: „Erzählt mir doch nich, dasset nich jeht!“

Im Restaurant der Biosphäre gibt es keinen Frankfurter Kranz. In der Rathauskantine sicherlich auch nicht. Ich finde, er gehört in die Tortenvitrine einer jeden Kantine, in der Politiker ab und zu sitzen. Zur Erinnerung. Zur Inspiration. Zum Beispiel für die Biosphäre. Die Biosphäre liegt der Stadt im Magen wie ein zu mächtiges Tortenstück. Wir haben sie ein bisschen über, aber würden sie doch gerne behalten. Auch wenn es kostet. Man gönnt sich ja sonst nichts. Eineinhalb Millionen oder zwei Millionen Zuschuss im Jahr, das wäre der Unterschied zwischen Haselnusskrokant und Haferflocken. Für zwei Millionen gäbe es eine Menge Krokant, Designer-Orchideen bei 28 Grad und ewig hungrige Kois im Urwaldsee. Natürlich ist das ein legitimes Motiv. Es muss nur jemand machen, wollen und können. Bisher hatte niemand Lust dazu. Oder alle Interessenten können zu gut rechnen.

Die Stadt hat immerhin umgehend reagiert und freundlicherweise das Zuschusspackerl großzügig erweitert. Trotzdem bleiben ein paar klitzekleine Fragen. Warum sie die Halle nicht einfach selbst behält und das Konzept ein bisschen umkrempelt, schließlich braucht man im Norden Potsdams mehr als schöne Blümchen – man weiß es nicht. Warum es nicht möglich sein soll, in dem weitläufigen Gebäudetrakt ein Eckchen für den dringend benötigten Jugendklub abzuzweigen, für einen Kindertreff oder ein muslimisches Gemeindezentrum – man weiß es nicht. Warum man noch immer nicht einfach in oder an der Biosphäre einen Kaffee trinken kann, ohne Halleneintritt zu zahlen – man weiß es nicht. Warum überhaupt die Tropenhalle bereits nach 15 Jahren vergammelt, obwohl von Anfang an klar war, dass es drinnen 28 Grad und Regenwald sein würden und draußen Brandenburger Matsche, klimatische Extreme, unter denen sogar königliche Gewächshäuser in Sanssouci Jahrhunderte überstanden – man weiß es nicht.

Regine Hildebrandt würde angesichts dieser übermenschlichen Herausforderungen den Stadtverordneten beherzt entgegnen: „Erzählt mir doch nich, dasset nich jeht!“ Manchmal muss man vielleicht nur ein bisschen wagemutig sein, Margarine statt Butter eben. Die Biosphäre würde uns dann auch nicht so schwer im Magen liegen.

Unsere Autorin ist freie Mitarbeiterin der PNN. Sie lebt in Babelsberg

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