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Landeshauptstadt: McKinsey: Stadt kann Klinikum behalten

Berater erteilen Verkauf eine Absage / Aber ohne „harten“ Sparkurs drohen Verluste in Millionenhöhe

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Berater erteilen Verkauf eine Absage / Aber ohne „harten“ Sparkurs drohen Verluste in Millionenhöhe Von Sabine Schicketanz Innenstadt - Das Potsdamer Klinikum Ernst von Bergmann soll nicht an ein Privatunternehmen verkauft werden, sondern weiter als städtische Gesellschaft arbeiten. Dafür muss aber sofort ein dreijähriger, harter Sparkurs eingeschlagen werden. Ansonsten drohten der Stadt Verluste in zweistelliger Millionenhöhe. Dies ist das Fazit der Analyse und „Durchleuchtung“ des Klinikums durch die Unternehmensberatung McKinsey, die von der Stadt in Auftrag gegeben wurde. Geprüft hat McKinsey drei Varianten: Verbleib des Klinikums bei der Stadt, strategische Partnerschaften mit anderen Unternehmen und Krankenhäusern oder Verkauf an ein privates Unternehmen. Dabei ist das Ergebnis laut dem McKinsey-Projektverantwortlichen Steffen Hehner relativ eindeutig: „Das Klinikum kann langfristig städtisches Eigentum bleiben.“ Um dabei Wettbewerbsfähigkeit zu erreichen, seien allerdings „erhebliche Anstrengungen“ notwendig. Das heißt, ein „Transformationsprogramm“ müsse sofort beginnen und von allen Parteien der Stadtverordnetenversammlung sowie der Belegschaft des Klinikums getragen werden, meinten gestern unisono die Beigeordneten Burkhard Exner (Finanzen / Zentrale Steuerung) und Elona Müller (Soziales / Gesundheit). Der Zeitplan sieht vor, den Stadtverordneten im Dezember das Endergebnis der McKinsey-Untersuchung zu präsentieren und im ersten Quartal 2006 einen Grundsatzbeschluss zum Sparkurs zu fassen. Dieser soll mittels so genannter „Zielvereinbarungen“ zwischen Stadt und Klinikum fixiert und überprüfbar gemacht werden. „Noch haben wir das Heft des Handelns in der Hand“, sagte Exner. Die „Transformation“ des Klinikums – es gehört mit mehr als 1000 Betten und rund 2000 Mitarbeitern zu den 25 größten Krankenhäusern Deutschlands – muss laut McKinsey auf zwei Schienen erfolgen: Die medizinische Leistungsfähigkeit müsse gesteigert werden, auch durch Expansion. So soll das Klinikum demnächst eine Abteilung für Neurochirurgie erhalten. Durch Erweiterungen soll auch der Einzugsbereich des Klinikums vergrößert werden, um mehr Patienten behandeln zu können. Dies allein reiche aber nicht, um die Risiken in Millionenhöhe zu decken. „Das Klinikum muss seine Produktivität steigern“, so der McKinsey-Verantwortliche Hehner. Damit einher gehe die Senkung der Personalkosten, die bisher rund zwei Drittel der Gesamtkosten ausmachten. Wie groß der Personalabbau sein wird, wollten gestern weder Hehner noch Exner und Müller sagen. Die natürliche Fluktuation von Mitarbeitern sei aber sehr hoch. Der Grund für das „enorme Risiko“ des Klinikums, bis zum Jahr 2010 mit einem Minus im zweistelligen Millionenbereich da zu stehen, für das dann die Stadt aus ihrem Haushalt aufkommen müsste, liegt laut Hehner unter anderem in der reformierten Krankenhausfinanzierung. Statt in Tagessätzen wird die medizinische Leistung in Fallpauschalen von den Krankenkassen bezahlt. So würden beispielsweise für eine Blinddarm-Operation 2600 Euro gezahlt – das Potsdamer Klinikum sei aber bisher teurer als diese Summe. Insgesamt sei das Bergmann-Klinikum das zweitteuerste in Brandenburg. Für ein Minus in Millionenhöhe bei den Erlösen sorgt laut McKinsey-Prüfer Hehner zudem die gesetzlich verlangte Verlagerung der medizinischen Behandlungen in den ambulanten Bereich. So stünden auf der einen Seite sinkende Einnahmen, auf der anderen jedoch hohe Kosten: Die Mitarbeiter bekämen jährlich einen Lohnausgleich von 3 bis 3,5 Prozent; die qualitativ sehr gute medizinische Ausstattung des Klinikums sei einer hohen „Innovationsrate“ ausgesetzt – um das Modernste bieten zu können, müsse ständig investiert werden. Und auch die Bausubstanz sei zu verbessern, so Beigeordnete Müller. Das Sparkonzept soll die Klinikleitung in großen Teilen selbst ausarbeiten – anhand der klaren finanziellen Vorgaben der Stadt. Für Druck sorge hier laut Exner auch die vom Innenministerium verlangte Haushaltskonsolidierung der Stadt. Dabei sei der Verkauf des städtischen Vermögens erwünscht – andere Lösungen müssten mit stichhaltigem Konzept diskutiert werden. Ziel der Stadt ist es, so der Finanzbeigeordnete Exner, das Klinikum derartig zu restrukturieren, dass eine jährliche 15-prozentige Rendite des Umsatzes – er liegt aktuell bei 120 Millionen Euro – als Rückstellung für Investitionen zur Verfügung steht und ein Teil dieser Summe an den Eigentümer Stadt fließen kann. Insgesamt würde die Rendite nach aktuellen Zahlen 18 Millionen Euro ausmachen. Gegen einen Verkauf des Klinikums spreche vor allem der Verlust der sozialen Sicherung der Mitarbeiter und der „Kontrolle“ durch die Stadt, sagte der McKinsey-Projektleiter. Es sei davon auszugehen, dass ein privates Unternehmen „viel rigider vorgehen“ werde, um das Ziel einer 15-prozentigen Umsatzrendite in maximal fünf Jahren zu erreichen. Somit sei ein Verkauf allein die leichteste Variante: „Einen Käufer für dieses Klinikum findet man in einer Woche.“ Es sei gut geführt, habe eine ausgeglichene Bilanz und einen guten Ruf.

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