
© Andreas Klaer
Landeshauptstadt: Mehr als nur Krankenschwester
Petra Martin-Benke hat die Ausbildung zur sogenannten „Agnes Zwei“-Schwester absolviert und ist Ansprechpartnerin für Schwerkranke
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Wer die Tagesklinik in der Kurfürstenstraße besucht, ist auf die Hilfe von Petra Martin-Benke oft angewiesen. Die 54-Jährige ist Krankenschwester am Medizinischen Versorgungszentrum für Blut- und Krebserkrankungen. In dem großen hell erleuchteten Raum liegen Patienten auf rotbraunen Polsterliegen, lesen, lösen Sudukos, Kreuzworträtsel. Oft dauert die Chemotherapie, die Schwester Petra verabreicht, länger als eine, manchmal bis zu acht Stunden.
Von ihrem Schreibtisch aus, mitten in dem Behandlungssaal, regelt Petra Martin–Benke all das, wozu manche Menschen, die hierher kommen, gerade nicht mehr in der Lage sind: Sie beantragt Pflegestufen, bestellt Medikamente, vereinbart Termine für Untersuchungen oder ruft einfach nur ein Taxi. „Die Patienten sind sehr dankbar dafür“, sagt sie. Seit 20 Jahren arbeitet sie im MVZ. Seit Neuestem aber ist sie nicht nur Schwester, sondern Fallmanagerin – auch wenn das Wort auf den ersten Blick nicht zu passen scheint.
Petra Martin-Benke ist eine von 30 Angestellten in Brandenburg, die die Ausbildung zu „Agnes Zwei“ absolviert haben. „Agnes Zwei“ ist die Nachfolgerin von „Agnes“ – einem Modellprojekt des Brandenburger Gesundheitsministeriums, das seinen Namen einer DDR–Fernsehserie über eine Gemeindeschwester verdankt. Während die „Agnes“-Schwestern als Entlastung für Ärzte in medizinisch unterversorgten Regionen im ländlichen Raum dienen, sind Agnes-Zwei-Helferinnen auch in Städten wie Potsdam vertreten – und nicht mehr nur bei Haus-, sondern auch bei Fachärzten oder in Kliniken angestellt.
„Sie nimmt mir unheimlich viel Arbeit ab“, sagt Annette Sauer, Onkologin und ärztliche Leiterin des MVZ. Vorher hätte sie als Ärztin die organisatorischen und verwaltungstechnischen Aufgaben zusätzlich übernommen – vom Taxischein ausfüllen bis hin zum Schwerbeschädigtenantrag – aber nicht bezahlt bekommen. Sauer und ihre drei Kollegen behandeln 1800 Patienten im Quartal. Für die Patienten sei der Aufenthalt in der Tagesklinik „qualitativ besser geworden“, sagt Sauer. Sie könne sich nun mehr Zeit für das Medizinische nehmen und ihre Gesprächskapazitäten hätten sich erhöht.
Laut der Kassenärztlichen Vereinigung Brandenburg (KVBB) behandeln die Vertragsärzte hierzulande überdurchschnittlich viele ältere, chronisch und multimorbide, also betreuungsintensive, Kranke. Für sie ist „Agnes Zwei“ als zusätzliches Versorgungsangebot gedacht. Die KVBB kooperiert dazu mit den Krankenkassen AOK, Barmer und seit Kurzem auch der Techniker Krankenkasse. Die beteiligten Krankenkassen zahlen dem MVZ für den Einsatz von Schwester Petra 40 Euro pro Patient und Monat. Nach Willen der KVBB sollen nun auch alle andere Kassen dem Beispiel dieser drei folgen.
Doch nicht für jeden Versicherten der genannten Kassen ist Petra Martin-Benke im MVZ in der Kurfürstenstraße als spezielle Ansprechpartnerin vorgesehen. Ein „besonderes Betreuungsbedürfnis“ der Patienten müsse schon gegeben sein, sagt Sauer. Diese können dann aber auf die Fachkompetenz ihrer Fallmanagerin zählen. Während der Ausbildung zu „Agnes Zwei“ habe sie viel über rechtliche Rahmenbestimmungen gelernt, sagt Martin-Benke. So reicht denn oft eine medizinische Ausbildung auch nicht mehr aus, um den erhöhten Bürokratieaufwand neben der ärztlichen Behandlung zu bewältigen. Ihr Wissen müsse sie viermal im Jahr auffrischen, sagt Martin-Benke, und alle drei Jahre eine Prüfung ablegen - damit auch in Zukunft die Patienten im MVZ auf sie und das Rundum-Sorglos-Paket einer „Agnes Zwei“ Schwester vertrauen können. Grit Weirauch
Grit Weirauch
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