Landeshauptstadt: Mehr Raser, mehr Blitzer
Besorgniserregende Zunahme von Unfällen: Potsdams Polizei reagiert und bittet Raser häufiger zur Kasse
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Besorgniserregende Zunahme von Unfällen: Potsdams Polizei reagiert und bittet Raser häufiger zur Kasse Von Erhart Hohenstein Abzocke, dieses Wort hört Polizeihauptmeister Manfred Schnetzke jetzt allzu häufig. Der lang gediente Revierpolizist ist in die Verkehrskontrollen einbezogen, die im Schutzbereich Potsdam in letzter Zeit erheblich verstärkt wurden. Selbst am Ulanenweg, einer eher unbedeutenden Erschließungsstraße für das vom Oberstufenzentrum und von Unternehmen genutzte Kasernengelände an der Jägerallee, muss er immer wieder Bußgelder erheben. Anwohner hatten sich über Geschwindigkeitsverstöße vieler Autofahrer beschwert. Die reagieren auf die Kontrollen oft sauer und fragen, ob die Polizei nichts Wichtigeres zu tun habe. Diese Frage beantwortet der Erste Polizeihauptkommissar Günter Schmidt, Leiter der Polizeiwache Nord, mit einem klaren Nein. Nachdem wie in ganz Brandenburg 2004 in seinem Verantwortungsbereich die Unfälle leicht zurückgegangen waren, nehmen sie jetzt in besorgniserregender Weise zu. In den ersten fünf Monaten dieses Jahres wurden 672 registriert, das sind 73 mehr als im Vergleichszeitraum des Vorjahres (599). „Dieser Entwicklung können wir nicht untätig zusehen“, so Schmidt. Das Unrechtsverständnis vieler Verkehrsteilnehmer, und dazu zählen auch zahlreiche Radfahrer, gehe gegen Null. „Sie betrachten die Verkehrszeichen nur als Farbtupfer im Stadtbild“, meint der erfahrene Polizeibeamte sarkastisch. Belehrungen und Hinweise über die Medien hätten ebenfalls nur geringen Erfolg. Auch die bloße Präsenz der Polizei beispielsweise durch Streifenwagen sei wenig wirksam, wie eine wissenschaftliche Studie der Bundesanstalt für Straßenwesen erneut bestätigt habe. Aus diesen Gründen konzentrieren sich die Polizeiwache Nord wie auch die Wachen Mitte und Babelsberg auf den Ausbau der Kontrollen. Sie werden durch die Landeseinsatzeinheit (LESE) unterstützt. Die technische Ausrüstung wurde verbessert. Dadurch wurden im Bereich der Wache Nord 2005 bereits 1618 Verkehrsverstöße ermittelt, im gleichen Zeitraum des Vorjahres waren es 781. Für die Wache Mitte liegen die Vergleichszahlen bei 1830 statt 923 Verstößen. Neben Fahren unter Alkohol und Missachtung der Vorfahrt nimmt überhöhte Geschwindigkeit einen Spitzenplatz ein. Unfallschwerpunkt Nummer Eins ist die B 1/ Zeppelinstraße. „Die Fahrer müssen sich darauf einstellen, dass hier künftig zu jeder Tages- und Nachtzeit kontrolliert wird, kündigt der Polizeihauptkommissar an. Gegenwärtig arbeitet der Schutzbereich an einem Konzept, um bei den Verkehrskontrollen solche Gefahrenpunkte besonders zu berücksichtigen. Dabei handelt es sich meist um innerstädtsche Straßen, der Landbereich macht der Polizei bis auf einige kurvige Strecken wie die B 2, Höhe Bullenwinkel, weniger Sorgen. Warum werden die Lasergeräte dann aber immer wieder auch auf ungefährlichen Strecken eingesetzt, beispielsweise in der Amundsenstraße? „Wenn Kraftfahrer merken, dass hier nicht kontrolliert wird, fahren sie prinzipiell zu schnell und übertragen dies dann auch auf Gefahrenstrecken“, entgegnet Günter Schmidt. „Unerwartete Kontrollen an unterschiedlichen Stellen sind ein wichtiges Mittel, sie zu verkehrsgerechtem Verhalten zu veranlassen.“ Zudem ist die Amundsenstraße so harmlos nicht: Im vergangenen Jahr ereigneten sich sieben Wildunfälle. Natürlich lässt den Leiter der Wache Nord der Vorwurf nicht unberührt, die Polizei zocke die Kraftfahrer zugunsten der leeren Landeskassen ab. Dieser Vorwurf sei jedoch absolut falsch. „Uns geht es um Gesundheit und Leben der Verkehrsteilnehmer“, erklärt er. Und weiter: „Mit der Verstärkung der Verkehrskontrollen wollen und werden wir eine deutliche Senkung der Unfälle erreichen.Wenn Sie so wollen: Repression schützt Leben. Da klingt hart, aber in diesem Fall trifft es den Kern.“
Erhart Hohenstein
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