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Landeshauptstadt: Mehrarbeit, die nicht belastet Wie MoSeS zu mehr Selbstständigkeit verhilft

Vor vier Jahren startete im Land Brandenburg ein Modellvorhaben zur „Stärkung der Selbstständigkeit von Schulen“, kurz MoSeS. Es räumt den Schulen personalrechtliche Befugnisse ein und ermöglicht freie Entscheidungen, z.

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Vor vier Jahren startete im Land Brandenburg ein Modellvorhaben zur „Stärkung der Selbstständigkeit von Schulen“, kurz MoSeS. Es räumt den Schulen personalrechtliche Befugnisse ein und ermöglicht freie Entscheidungen, z.B. über den Einsatz von Sach- und Fortbildungsmitteln. Auch vier Potsdamer Schulen haben sich daran beteiligt. Nun, kurz vor dem Abschluss des Projekts, ziehen sie Bilanz. Heute: Montessori-Oberschule.

Selbstständig sein, ein eigenes reformpädagogisches Profil entwickeln, Verantwortung übernehmen – all das ist für die Montessori-Oberschule von jeher Programm. Sechs Jahre lang war sie offizielle Schulversuchsschule des Landes Brandenburg, erprobte verbale Beurteilungen als Alternative zum Zensurenmodell und unterrichtete in jahrgangsgemischten Gruppen bis hinauf zur achten Klasse. Das erfolgreich absolvierte Modellprojekt brachte ihr den Status „Schule mit besonderer Prägung“ ein. Was sich bewährte, konnte nun abweichend von schulgesetzlichen Vorgaben fortgeführt werden.

Schulleiterin Ulrike Kegler, die sehr stolz darauf ist, mit einer staatlichen Schule soviel Eigenständigkeit erarbeitet zu haben, erschien es konsequent, dieser „inneren“ Selbstständigkeit nun auch eine „äußere“ folgen zu lassen. Der neue Modellversuch MoSeS war für sie der passende Schlüssel. Endlich konnten Schulleitung und Lehrerrat bei der Auswahl neuer Kollegen mitbestimmen. Die Methoden der Montessori-Pädagogik verlangen nach einer besonderen Grundhaltung, die nicht jeder automatisch mitbringt. Ulrike Kegler hat „wunderbare Beispiele“ erlebt von Lehrern, die schnell in die offenen Unterrichtsformen hineinfanden und hochmotiviert die berufsbegleitende Ausbildung absolvierten.

Eine Schule, die sich beständig weiterentwickelt, braucht solche engagierten Lehrer, aber auch Menschen aus anderen Berufen, die den Unterricht mit ihren Spezialkenntnissen bereichern. Dank MoSeS konnten freie Lehrerstunden im größeren Umfang kapitalisiert und in Honorarkräfte investiert werden. So arbeiten in der Montessori-Schule eben nicht nur Pädagogen, sondern auch Theaterregisseure, Wissenschaftler, Kanubauer, bildende Künstler oder Fachleute für Sprachen. „Das hat die Qualität spürbar gehoben“, resümiert Ulrike Kegler, froh darüber, dass der Schule nach Ende des MoSeS-Projekts die zugestandenen Befugnisse erhalten bleiben. Die freie Verfügung über Sachmittel, die Möglichkeit Drittmittel einzuwerben und wirtschaftlich tätig zu werden – das sind für sie richtige Schritte hin zu mehr Unabhängigkeit und Eigenverantwortung, wie sie in Schulen anderer europäischer Länder als selbstverständlich gelten. Über die Position des dort üblichen Verwaltungschefs allerdings konnten die MoSeS-Schulen noch nicht verfügen. Die zusätzlichen Verwaltungsaufgaben hat Ulrike Kegler deshalb auf viele Schultern verteilt.

„Natürlich war es Mehrarbeit. Aber die haben wir nicht als Belastung empfunden, weil sie ja sinnvoll war und uns mehr Entscheidungsfreiheit brachte. Außerdem haben wir in den Fortbildungen viel gelernt, von dem wir lange profitieren können.“ Ulrike Kegler ist sich sicher, dass sich die staatlichen Schulen in Zukunft immer stärker selbst verwalten werden. Ein Prozess, der Transparenz verlangt und Schüler, Eltern und Lehrer über deren Mitwirkungsgremien einbeziehen muss. Auch hierbei hat der Modellversuch die Montessori-Oberschule weiter vorangebracht.

Wenn die Schülerfirma jährlich bis zu 700 Gäste aus dem In- und Ausland betreut, die nach Potsdam kommen, um das besondere Profil der Schule kennen zu lernen, oder wenn, wie in der vergangenen Woche, der bekannte dänische Familientherapeut Jesper Juul auf Einladung der Schule einen Vortrag in der Universität hält, dann ist es zu spüren, das Selbstbewusstsein der Montessori-Schule, das sie aus ihrer gewachsenen Selbstständigkeit ziehen kann. Antje Horn-Conrad

Antje Horn-Conrad

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