
© Christoph Freytag
Baumschutzverordnung in Potsdam: Mein Freund, der Baum
Die Stadtverwaltung stellte die Baumschutzverordnung bei der Grünen Liga vor. Dort gab es Kritik.
Stand:
Potsdams Bäume sollen künftig leichter gefällt werden dürfen. Am Entwurf für eine neue Baumschutzverordnung hat die Verwaltung nach Bürgerbeschwerden nur leichte Korrekturen vorgenommen. Am Donnerstagabend stellte Lars Schmäh von der Unteren Naturschutzbehörde die Novelle bei einer Veranstaltung der Grünen Liga vor.
Steht ein Baum zu nah an Häusern, darf er ohne Genehmigung gefällt werden
Die einzige Frage, in der die Verwaltung auf die deutlichen Einwände aus Bürgerschaft und Stadtpolitik eingegangen ist, ist der Abstand von Wohngebäuden. Laut der neuen Fassung soll künftig keine Fällgenehmigung mehr nötig sein, wenn ein Baum weniger als drei Meter von einer Hauswand entfernt steht. Im umstrittenen ursprünglichen Entwurf aus dem vergangenen Jahr sollten es sogar vier Meter sein.
Keine Änderung im Entwurf gab es hingegen in der Frage des Stammumfangs. Nach der bisherigen seit 2003 geltenden Potsdamer Baumschutzverordnung sind Bäume ab einem Stammumfang von 30 Zentimetern geschützt. Sie dürfen nur nach behördlicher Genehmigung gefällt werden, beispielsweise zur Gefahrenabwehr. Künftig soll dies nach den Plänen der Verwaltung erst ab einem Umfang von 60 Zentimetern gelten. Durch die Neuregelung soll die Verwaltung etwa 20 Prozent weniger Fällanträge bearbeiten müssen, hieß es. Ebenfalls keine Änderung gab es am Vorhaben, sämtliche Flächen von Parks, Friedhöfen und öffentlichen Gartenanlagen aus der Baumschutzverordnung auszuklammern – betroffen davon wären überwiegend die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten und die Stadtverwaltung selbst. Wälder und Kleingartenanlagen waren auch bisher nicht von der Baumschutzordnung erfasst – dort gelten andere Gesetze.
Anträge sollen schneller bearbeitet werden
Konkreter als bisher soll die neue Verordnung die Ersatzpflanzung von Bäumen regeln: Demnach soll je angefangene 30 Zentimeter Stammumfang ein Baum nachgepflanzt werden – vorzugsweise auf demselben Grundstück. Bisher oblag das dem Ermessen der Behörde. Die Vorlage der neuen Baumschutzverordnung soll im Oktober in die Stadtverordnetenversammlung eingebracht werden. Anschließend wird sie öffentlich ausgelegt und die Naturschutzverbände beteiligt. Im Dezember könnte es zur abschließenden Abstimmung der Stadtverordneten kommen.
Schmäh rechtfertigte den kaum veränderten Entwurf am Donnerstag: „Wir bewegen uns im Spannungsfeld zwischen Baumschutz und Vollzugsfähigkeit.“ Derzeit seien vier Verwaltungsmitarbeiter für den Baumschutz zuständig – sowohl für Kontrollen als auch für Genehmigungen. Und davon gebe es pro Jahr zwischen 1000 und 1200 Stück. Mit der neuen Verordnung könnte man Anträge schneller bearbeiten und es gebe transparentere Regeln für Ersatzpflanzungen.
Werder hat keine Schutzordnung
Außerdem sei eine rechtssichere Verordnung nötig, so Schmäh. Hintergrund sind mehrere Gerichtsurteile. Seit dem Erlass der für Potsdam geltenden Baumschutzverordnung vor rund zwölf Jahren sei die Brandenburgische Baumschutzverordnung für unwirksam erklärt sowie Schutzsatzungen von Kommunen zum Beispiel in Teltow gekippt worden. Das heißt, wird die Potsdamer Verordnung nicht geändert, könnte auch sie von einem Gericht kassiert werden.
Die neuen Regeln zum Stammumfang seien nicht außergewöhnlich großzügig gegenüber den Grundstücksbesitzern, so Schmäh, auch wenn man die Kommunen wegen der unterschiedlichen Rahmenbedingungen nicht direkt vergleichen könne. Die 60-Zentimeter-Regel gelte auch in Frankfurt (Oder), so Schmäh. In Berlin liege die Grenze bei 80 Zentimetern. Nuthetal schütze Bäume ab 30 Zentimetern Umfang, Kleinmachnow ab 40 Zentimetern. Werder (Havel) besitze gar keine Baumschutzordnung.
Wenig Begeisterung für neue Baumschutz-Ordnung
Bei den mehr als 20 Anwesenden im Haus der Natur stießen Schmähs Ausführungen auf wenig Begeisterung. „Nicht Beamtenschutz, sondern Baumschutz ist das Thema“, so eine Teilnehmerin. Die neue Verordnung erlaube zu viele Ausnahmen von der Genehmigungspflicht, so der Tenor. In Parks und Schlossgärten kollidiere die Gartendenkmalpflege oft mit den Interessen des Baumschutzes, hieß es. Schmäh sah jedoch nach seiner Erfahrung keine Gefahr: Die betroffenen öffentlichen Institutionen besäßen ausreichend Eigeninteresse für den Baumschutz, sagte er.
Kritik hatte es bereits am ursprünglichen Entwurf gegeben: Vertreter von SPD, Grünen und der Wählergruppe Die Andrere hatten Widerstand angekündigt. Besonderen Anstoß nahm man seinerzeit an der Frage des Stammumfangs und am abgeschafften Schutz für Bäume in Parks – Regelungen, die auch im nun geänderten Entwurf auftauchen.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: