Landeshauptstadt: „Meine Mama ist die beste Medizin“
Es werden mindestens 50 000 Euro gebraucht, damit der Leukämiekranke Willy behandelt werden kann
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„Mama, bitte hol“ mich zu dir. Du bist meine beste Medizin“, fleht der 16-jährige Willy seine Mutter immer an. Die Telefonate zwischen Deutschland und Kamerun sind kurz – aus Kostengründen. Jedesmal aber bitte ihr Sohn sie, ihn nach Potsdam zu holen, erzählt Jacqueline Maffo.
Im August dieses Jahres hatte man bei dem Jugendlichen eine akute lymphoblastische Leukämie festgestellt. Er wurde im Krankenhaus in der Hauptstadt Yaounde behandelt, bis das Geld ausging. Inzwischen fahre ihr Junge immer mit dem Taxi oder dem Bus zur ambulanten Chemotherapie in die Stadt. Eine enorme Belastung für den ohnehin durch die Krankheiten geschwächten Jungen, sagt Prof. Dr. Georg Maschmeyer, Chefarzt der Onkologie im Klinikum Ernst von Bergmann. Auch die Ärzte in Kamerun haben der Mutter geraten, ihr Kind in Deutschland behandeln zu lassen. Nur dann hätte Willy eine Überlebenschance. In dem afrikanischen Land seien die für die Heilung erforderlichen Medikamente nicht vorhanden, hygienische Mängel erhöhten die Infektionsgefahr.
Die hiesige Ausländerseelsorge der evangelischen Kirche hatte überlegt, die medizinischen Präparate nach Yaounde zu schicken. Allerdings könne dort niemand sicherstellen, dass wirklich das im Tropf lande, was man versandt habe, erzählt Monique Tinney von der Seelsorge. Um einen präzisen Bericht über den genauen Gesundheitszustand von Willy zu erhalten, habe man Kontakt zu einer deutschen Medizinstudentin aufgenommen, die im Kameruner Krankenhaus gerade ihr Praktikum macht. „Ein Glücksfall“, sagt die Seelsorgerin. Über die Studentin erfuhr man in Potsdam auch, dass eine 85-prozentige Überlebenschance für den 16-jährigen Willy bestehe, wenn er möglichst schnell nach Deutschland käme, um hier behandelt werden zu können.
Seit dies bekannt ist, sammeln die Flüchtlingsberatungsstelle des Diakonischen Werks Potsdam und die Ausländerseelsorge der evangelischen Kirche Spenden. Man brauche eine Basis von 50 000 Euro, um die Behandlung im Potsdamer Klinikum beginnen zu können, habe Chefarzt Maschmeyer zugesichert, sagt Monique Tinney. Auch wenn das Geld ausginge, werde man die medizinische Versorgung selbstverständlich nicht abbrechen. Ein Drittel der gesamten Behandlungskosten trage das Klinikum außerdem selbst. Des weiteren müssten die Lebensunterhaltungskosten für Willys Deutschlandaufenthalt gesichert sein, erklärt die Frau von der Ausländerseelsorge. Das seien für die veranschlagten maximal anderthalb Jahre rund 2500 Euro, rechnet Monique Tinney vor. Den Flug übernehme die Beckenbauer-Stiftung; die in München ansässige Institution habe dies bereits zugesagt. Diakonie und Kirche haben inzwischen 3000 „Willy will leben“-Flyer gedruckt und in öffentlichen Einrichtungen, Arztpraxen und Apotheken ausgelegt. In zahlreichen Gotteshäusern stünden Spendenbüchsen für Willy. Außerdem habe man über 80 Großspender angeschrieben, um möglichst schnell die erforderliche Summe zusammenzubekommen. Auf dem Spendenkonto seien bereits 6550 Euro eingegangen. Erst am Mittwoch hatten Potsdams Stadtverordnete in ihrer Sitzung spontan 280 Euro gesammelt.
Jacqueline Maffo kam vor zehn Jahren nach Potsdam. In ihrem Heimatland hatte sie im Gefängnis gesessen, wurde dort misshandelt und gefoltert. Damals habe sie sich gegen die Regierung gestellt und für Demokratie in ihrem Land gekämpft. Über ihre Zeit in Haft möchte sie nicht sprechen. Sie sei traumatisiert, die Erlebnisse und Bilder verfolgten sie bis heute. „Ich versuche zu vergessen und das alles hinter mir zu lassen.“ Sie wisse nicht, wie die Lage heute sei, sagt sie. Aber sie traue sich auch nicht, dort hinzureisen. Als sie 1995 aus Kamerun floh, ließ sie ihre fünf Kinder zurück. Der Jüngste, Willy, lebt heute bei ihrer Schwester. Die Afrikanerin hat inzwischen eine Aufenthaltsbefugnis errungen, kann also nicht aus Deutschland ausgewiesen werden; ihre Kinder herholen kann sie aber nicht. Seit Jacqueline Maffo in Potsdam ist, hat sie ihren Sohn nicht mehr gesehen. Sie schreiben sich Briefe, schicken Fotos. Und sie telefonieren, wann immer es möglich ist.
Das eingerichtete Spendenkonto lautet: Konto-Nr. 174 777, BLZ: 210 602 37 bei der Evangelischen Darlehensgenossenschaft, Verwendungszweck: Willy will leben, 1612.
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