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Landeshauptstadt: „Meisterehren sind kein Auslaufmodell“

Am Sonnabend wurden 210 Handwerker freigesprochen/Angleichung an europäischen Standard nicht aufzuhalten/Gesetzesnovelle wird noch diskutiert

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Am Sonnabend wurden 210 Handwerker freigesprochen/Angleichung an europäischen Standard nicht aufzuhalten/Gesetzesnovelle wird noch diskutiert Modern wollte man sein, sich zeitgemäß geben und das gerade deshalb, weil es um den Erhalt einer Tradition geht: den Meisterbrief. Die Handwerkskammer Potsdam hatte am Sonnabend zu einer Meisterfeier neuer Prägung ins Dorint-Hotel eingeladen und dort 210 Meisterbriefe überreicht. Entertainer Markus Nowak aus Berlin griff in die Klaviertasten und forderte, ehe die Schautorte in den Saal gerollt wurde, zu „Bitte mit Sahne“ auf und Manuela Böttcher vom RBB zu einer Talkrunde. Insgesamt wurden in diesem Jahr im Kammerbezirk 268 Meister freigesprochen, davon 71 Frauen. Der Run auf die meisterliche Qualifikation hat also noch nicht nachgelassen, obwohl die Veränderung der Handwerkerordnung ins Haus steht und sich die deutschen Meister wohl oder übel EU-Standards werden anpassen müssen. Die sehen nur noch in ganz bestimmten Gewerken für den Firmenchef Meisterpflicht vor. Doch die Widerstände gegen eine solche Neuregelung sind groß und so wurde auch auf der Meisterfeier 2003 noch einmal das Loblied auf die Meisterausbildung gesungen und ein vielfaches „Ja zur Qualität der Ausbildung“ und „Ja zum Meisterbrief“ ausgesprochen. Der sei trotz aller Neuregelungsversuche kein Auslaufmodell, meinte denn auch Handwerkskammerpräsident Klaus Windeck, dessen Firma selbst seit vielen Jahren Lehrlinge ausbildet und dafür einen „Ausbildungs-Oscar“ erhielt. Windeck, gerade von Gesprächen der Kammerpräsidenten mit Regierungsvertretern aus München zurückgekehrt, hatte immer wieder kritisiert, dass Gesetzentwürfe gemacht würden ohne mit den Betroffenen vorher zu sprechen. Nun jedoch sei man auf einem guten Weg, auch wenn sicher nicht alle Wünsche des Handwerks durchgesetzt werden könnten. Man müsse jetzt nach vorn sehen und sich Europa öffnen. So offen wie sich Bundestagsabgeordneter Peter Danckert (SPD) in der Gesprächsrunde mit Katherina Reiche (CDU), Friseurmeister Ingo Thalmann und Klaus Windeck gab, wollte man es dann aber doch nicht haben. „Die einzige Qualifikation, die ein Politiker brauche, um in den Bundestag gewählt zu werden, sei ein Alter von 18 Jahren“, sagte er lakonisch und wollte damit wohl entschuldigen, dass der Abgeordnete nicht auf allen Gebieten Fachmann sein könne. Er handelte sich damit aber nur den Zwischenruf: „Und so sieht die Politik auch aus!“ ein. Das Echo auf seine Argumentation, man müsse die hohen deutschen Standards abbauen , um Ausländern keinen Wettbewerbsvorteil zu geben, blieb denn auch eher geteilt. Nicht nur Reiche widersprach ihm und nannte die Gesetzesvorlage „einen Kahlschlag“ und verlangte, dass es für Handwerksbetriebe, die in Deutschland immer noch zehn Prozent aller Lehrlinge ausbildeten, Ausbildungskriterien, geben müsse. Auch Thalmann wollte die Meisterregelung nicht kampflos aufgeben. Viele Europäer sähen mit Neid auf das qualitativ hochwertige deutsche System. „Und wir wollen es den Bach runtergehen lassen?“, fragte er. Es sollte vielmehr eine Anhebung der Standards in der EU geben, verlangte der Vorsitzende der Genossenschaft des Friseurhandwerks Cut+Care mit immerhin 17 Salons in Potsdam und derzeit 30 Lehrlingen. Die Zwangsabgabe für Betriebe, die nicht ausbilden, fand übrigens selbst Festredner, Landtagspräsident Herbert Knoblich (SPD), unnötig. Damit werde nicht ein einziger neuer Ausbildungsplatz geschaffen, betonte er. Nötig sei vielmehr die Besserung der Wirtschaftslage. Und die jungen Meister, die am Samstag ihre Freisprechung erhielten, wie sehen sie das Abrücken vom Meisterzwang? „Schade, wenn die Meisterausbildung verloren ginge“, erklärte Hardy Pätzhold, Elektromeister in Treuenbrietzen, der als „Bester Meister“ 2003 ausgezeichnet wurde und einen Gutschein für seine Qualifizierung als Betriebswirt erhielt. Aber auch er meint, europäische Normen seien nicht aufzuhalten. Bester Betriebswirt wurde eine Frau. Diese Auszeichnung erhielt Susann Mai, die als Bauingeneurin in der Dachdeckerfirma ihres Vaters in Brandenburg arbeitet. fran

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