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Landeshauptstadt: Mensch für die Wut

Linkspartei-Politiker Gregor Gysi diskutierte am Donnerstag im Jugendklub 91 – und erlebte viel Frust

Stand:

„Nein“, da ist sich Gregor Gysi sicher, Politiker sollten für Fehlentscheidungen nicht haftbar gemacht werden können. Gerade erst hat er diese Meinung zum Thema Schlossneubau von einem Gast gehört: „Politische Entscheider von teuren Großprojekten, die sich später als falsch erweisen, sollen vor Gericht. Was meinen sie, Herr Gysis, so als Jurist?“

Der Bundestagsfraktionschef der Linkspartei diskutiert an diesem Donnerstag Abend im Jugendklub 91 in der Kastanienallee mit rund 50 Gästen, jungen und alten. Und Gysi braucht, obwohl selbst ein Freund harter Worte, viele Argumente, um die Diskussion auf sachlichem Niveau zu halten. Denn vor ihm sitzen auffallend viele Menschen, die von der Stadt-, Landes- und Bundespolitik nichts mehr erwarten außer schlechten Nachrichten. Gysi überlegt kurz: „Nicht jeder politische Fehler sollte gleich mit einem Ermittlungsverfahren bestraft werden – sonst werden sich Politiker in Zukunft nicht mehr trauen, irgend etwas zu entscheiden.“ Ein Argument, dass vielen im Saal für den Moment einzuleuchten scheint.

Doch werden solche abwägenden Töne von ihm überhaupt erwartet? Schon der Beginn der Diskussion deutet die Richtung an. „Herr Gysi, wie finden sie die Linie der Bundesregierung in Bezug auf die Jugendpolitik und die ganzen Kürzungen?“, fragt Moderator Peter Neumann vom Stadtsportbund. Die Antwort von Gysi – „katastrophal“ in allen Belangen – ist nicht weiter verwunderlich: „Die Bundesregierung hat keine Kraft für Logik in ihrer Politik.“

Die Zuhörer im Klub nicken beifällig. Und fassen Mut für weitere Fragen. Gysi soll ihnen erklären, worüber sie sich ärgern. So fragt ein alter Mann den Linkspartei-Politiker mit kaum unterdrückter Wut in der Stimme: „Das Spaßbad hier ist doch die größte Verschwendung von Steuermitteln. Da frage ich mich, ob sich manche Politiker schon zu Lebzeiten ein Denkmal setzen wollen?“ Gysi wendet ein, dass die Werke von Stararchitekt Oscar Niemeyer ihm persönlich durchaus gefallen würden. Und immerhin sei das Bad wohl das letzte Bauwerk dieses berühmten Mannes: „Das steht noch in hundert Jahren dort.“ Dennoch, wie solch ein Projekt zu bezahlen sei, das wäre ihm nicht klar. Ebenso der zu teure Landtagsneubau. „Solche teuren Pläne und die schlechte Finanzsituation von Brandenburg passen nicht zusammen.“ So bleibt ihm für den älteren Mann nur ein Rat, genau wie für die anderen Frustrierten: „Sie müssen anders wählen! Immer beschweren sich alle bei mir, dass sie etwas wütend macht – und dann wählen sie doch wieder SPD oder CDU.“

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