
© Andreas Klaer
Mietladen eigenArt in Potsdam: Lauter Einzelstücke, Fach für Fach
Seit Oktober führt Lydia Jachalke ein Mietfach-Geschäft im Holländischen Viertel. Sie verkauft Schmuck, Seifen und Likör von lokalen Kreativen.
Stand:
Handgefertigter Schmuck aus Metall, Glas oder Holz, liebevoll genähte Babykleidung, Seifen, Liköre, Honig und auch Wein, ja sogar weizenfreies Hundefutter – all das gehört zum Sortiment des kleinen Geschäfts eigenArt in der Potsdamer Kurfürstenstraße.
Dieses Sortiment kann in einigen Wochen oder Monaten allerdings ein ganz anderes sein. Denn in Lydia Jachalkes 42 Quadratmeter großem Geschäft in der Kurfürstenstraße können Kreative sich für den Verkauf ihrer Produkte eine ausgewählte Fläche für eine bestimmte Zeit mieten.

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„Seit ich eine Schere halten kann, bastle ich“, erzählt die ausgebildete Gärtnerin. Sie weiß, dass es für jeden, der aus seinem Hobby einen Beruf machen will, schwierig ist. „Entweder nutze ich meine Zeit für das Herstellen meiner Produkte oder für den Verkauf“, erklärt sie. Beides parallel gehe eigentlich nicht. Außerdem sei nicht jeder ein begabter Fotograf oder Webdesigner, um seine Arbeiten ansprechend online anzubieten. Und letztlich ist auch der bürokratische Aufwand nicht zu unterschätzen.
So sei die Idee, einzelne Fächer an Hobbyproduzenten zu vermieten, entstanden. In Potsdam ist Jachalke mit dem Konzept die zweite Unternehmerin. Die Konkurrenz von „Lieblings-Fach“ findet sich in der Gutenbergstraße. Ein drittes Geschäft in Potsdam-West gibt es nicht mehr.
Beratung bei der Preisbildung
Wie funktioniert das? Im Laden können die Kreativen Fächer, Aufsteller, Wandplätze oder Bügel mieten. Der monatliche Preis beginnt bei vier Euro für einen Wandplatz und endet bei 60 Euro für einen Tisch. Die Mindestmietzeit beträgt 10 Wochen. Die 31-Jährige empfiehlt ihren potentiellen Mietern, fünf Monate auszuprobieren. So hat man Hoch- und Sauregurkenzeiten dabei, zum Bummeln geeignetes Wetter und mehr oder weniger Touristen.
Mein eigener Geschmack darf nicht das alleinige Kriterium sein.
Lydia Jachalke, „eigenArt“
15 Prozent des Umsatzes auf die verkauften Artikel gehen an die Vermieterin. Die ist stolz darauf, mit einem modernen Abrechnungssystem zu arbeiten. Das macht es möglich, den Ausstellern taggenau zu sagen, was, zu welchem Wert verkauft worden ist. Am Mietzeitende bekommt jeder eine detaillierte Abrechnung, die den Anforderungen des Finanzamtes genügt.

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Jeder Kreative genießt „Mieterschutz“. Das heißt, wer zum Beispiel Duftkerzen ausstellt, kann sich sicher sein, dass er während seiner Mietzeit der Einzige ist.
Außerdem berät sie ihre Kreativen bei der Preisbildung. „Ich rate ihnen, genau aufzuschreiben, was die Materialien gekostet haben und wie viel Zeit sie für ein Produkt aufwenden müssen.“ Oft würden die dann erkennen, dass der vorgesehene Preis zu gering ist für den Aufwand.
Kein Platz für Omas Socken
In den Regalen findet man für jede Preisklasse etwas. Das sind die Kleinigkeiten, wie das Papierschirmchen fürs Eisdessert genauso wie der Strampelsack fürs Baby. Auch Gutscheine kann man erwerben.
Mehr und mehr werden auch nachhaltige Produkte angeboten. Ganz aktuell ist das Bienenwachstuch in verschiedenen Mustern und Farben. Man kann es anstelle von Folie jeder Art zum Einwickeln benutzen. Zwei Jahre lang ist es haltbar.
Ihre Mieter findet Jachalke durch Mundpropaganda. Sie spricht aber auch gezielt Kreative an, deren Produkte sie zum Beispiel auf den gängigen Onlineplattformen entdeckt. „Mein eigener Geschmack darf allerdings nicht das alleinige Kriterium sein“, schränkt sie ein. Schließlich gäbe es für jedes Ding einen Kunden. Ramsch gebe es jedoch nicht – und es sind auch nicht die Socken von Oma, die hier angeboten werden.
Seit Oktober hat die junge Frau ihren kleinen Laden. Es sei gut angelaufen, berichtet sie. Die Nachfrage sei da. Sie hätte Kunden, die häufiger kommen und gezielt Produkte bestimmter Kreativer suchen. Auch Synergien zwischen unterschiedlichen Mietern hätten sich schon ergeben. So wollen die Herstellerin von Trockenblumen und die von Gefäßen aus der Reliefmasse Keraflott ein gemeinsames Osterangebot vorstellen.
Der Standort, gelegen an der Außenseite des Holländerviertels, sei gar nicht so schlecht. Es kommen Touristen, denen es in der Mittelstraße zu trubelig ist. Und das Café, das Tür an Tür mit ihrem Laden liegt, lockt Kunden an. „Neulich“, erzählt sie lachend, „kam ein Mann und sagte, er habe jetzt drei Tage lang vor meinem Schaufenster im Stau gestanden. Nun wolle er mal sehen, was es drinnen gibt.“
Für später plant Lydia Jachalke einen Onlineshop. Doch aktuell freut sie sich auf den März. Da ziehen wieder mehrere neue Mieter ein.
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