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Geehrter Lebensretter. Thomas Mittelstädt rettete ein Unfallopfer.

© A. Klaer

Landeshauptstadt: „Mir haben die Knie geschlackert“

Der Potsdamer Thomas Mittelstädt rettete ein Unfallopfer – dafür gab es eine Medaille von Schönbohm

Stand:

Thomas Mittelstädt ist aufgeregt. „Nicht wegen Minister Schönbohm, den kenne ich. Aber diese Verleihung “ Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) will dem Potsdamer Thomas Mittelstädt danken. Weil der 40-jährige Kraftfahrer der Landesregierung wie auch 15 weitere Brandenburger Lebensretter sind. Dafür erhielten sie gestern die Rettungsmedaille des Landes.

Es war vor gut einem Jahr, auch damals war Thomas Mittelstädt aufgeregt, als er fremdes Leben rettete. Es war ein heißer Mittag am 21. Juni 2008, Mittelstädt fuhr mit dem Audi-Dienstwagen auf dem Berliner Ring, um einen Fahrgast abzuholen. Seit 1994 fährt er für die Landesregierung, chauffiert vertretungsweise auch Innenminister Schönbohm. „Ich hatte an dem besagten Tag Zeit, bin ganz gemächlich 120 Kilometer in der Stunde dahingefahren“, erinnert sich der sympathische Potsdamer, der mit seiner Familie Am Stern wohnt. „Plötzlich sehe ich nur noch eine riesige Staubwolke vor mir.“ Dann erkennt er ein Auto, das, sich schleudernd und überschlagend, in einer Senke neben der Fahrbahn verschwindet. „Ich habe sofort angehalten.“ Thomas Mittelstädt springt aus dem Auto, klettert über die Leitplanke, rennt zum Unfallauto. „Mir haben die Knie geschlackert, ich bin bestimmt zehnmal hingefallen. Ich wusste doch nicht, was mich erwartet: Tote, abgerissene Gliedmaßen, Kinder“, rekapituliert er seine Gedanken. Das Unfallauto liegt auf dem Dach – ein einziger Blechklumpen, wie Fotos beweisen. Funken sprühen, es riecht nach Öl und Benzin. Im Auto: ein Mann. Er ist bei Bewusstsein. „Man weiß zwar, dass Fernsehserien übertreiben, wenn da Autos sofort in die Luft fliegen, aber mir ist das trotzdem in den Sinn gekommen“, gesteht Thomas Mittelstädt. „Ich wusste nur, der Mann muss da raus.“ Der Berufskraftfahrer wird zum Laienmediziner, überprüft, ob dieser Arme, Beine und Kopf bewegen kann. „Dann drückte ich ihn in den Sitz, um den Gurt zu lösen und ließ ihn über mich abrollen. Schließlich lag das Auto ja auf dem Dach.“ Dann kamen Polizei und Krankenwagen.

„Als das Unfallopfer von Notärzten versorgt wurde, fiel bei mir die Anspannung ab und ich begann zu zittern“, erinnert sich Mittelstädt. Auf der Stoßstange seines Dienstwagens ruhte er sich aus, bekam vom Notarzt Beruhigungsmittel. „Dann bin ich weitergefahren. Ich hatte ja noch einen Fahrauftrag.“ Zuvor wurde an ihm vorbei noch der Gerettete zum Krankenwagen getragen. „Dabei dankte er mir kurz mit einem erhobenen Daumen. Das war toll“, gab der 40-Jährige zu. Erst nach einem Jahr erfuhr der Potsdamer den Namen desjenigen, den er gerettet hat. Getroffen hat er ihn nicht. „Ich weiß nur, dass das Unglück wohl passiert ist, weil er geschnitten worden war.“

Die Rettungsmedaille, die das Innenministerium seit drei Jahren verleiht – schon seit fünf Jahren dankt Schönbohm Lebensrettern mit einer Urkunde – wird bei Thomas Mittelstädt einen Platz an der Wand erhalten. „Darauf kann man doch stolz sein. Vorbeifahren hätte ich nicht können“, ist er sich sicher. Damit ist er ganz auf Schönbohms Linie: „Ich wünsche mir, dass ihr Einsatz Schule macht. Und ich hoffe, dass einige, die gerettet wurden, zukünftig vorher abwägen. Manche Gefahren lassen sich nämlich vermeiden.“ KG

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