
© Andreas Klaer
Landeshauptstadt: Mit 30 Ampeln gegen den Feinstaub
Potsdam richtet für 2,3 Millionen Euro ein System von Pförtnerampeln ein. Staus sollen verlagert werden
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Mit einem „einmaligen System“ will Potsdam ab Anfang April dafür sorgen, dass der Schadstoffgehalt in der Luft reduziert wird. Derzeit werden 30 Ampeln an den wichtigsten Einfallstraßen in die Landeshauptstadt umgerüstet, teilte die Stadtverwaltung mit. Gesteuert werden sollen sie von der Verkehrszentrale der Stadt, die künftig nicht nur Daten zum Verkehrsaufkommen, sondern auch zum Wetter und zur Schadstoffbelastung erhalten soll. Derzeit laufe noch die Feinjustierung des Systems, so Stadtsprecherin Regina Thielemann. Der genaue Starttermin stehe noch nicht fest.
Viele Städte in Deutschland gehen bei der Bekämpfung von Schadstoffen wie Feinstaub, der vor allem durch den Straßenverkehr verursacht wird, andere Wege. Die Namen von 54 großen und kleineren Städten führt eine Liste Bundesumweltamtes auf, die seit 2008 zu diesem Zweck eine Umweltzone eingerichtet haben. Nur noch Fahrzeuge, die einer bestimmten Schadstoffklasse entsprechen, dürfen in die Städte hineinfahren. Die Aussperrung sorgt oft für Unmut bei Gewerbetreibenden und Besitzern älterer Autos. Eine weitere Möglichkeit wäre die Einführung von Tempo 30 auf viel befahrenen Hauptstraßen gewesen. Doch von dieser Idee hatte sich Verkehrsdezernent Matthias Klipp (Grüne) im Januar bei der Vorstellung des Verkehrskonzepts bis zum Jahr 2025 verabschiedet.
Potsdam geht statt dessen einen anderen Weg: Die Luft soll sauberer werden, ohne die Mobilität einzuschränken, so Reik Becker, der das Verkehrsmanagement der Stadt leitet. Für die sogenannte umweltorientierte Verkehrssteuerung habe die Stadt im Zeitraum eines Jahres etwa 2,3 Millionen Euro ausgegeben. Das Geld dafür kam von der Europäischen Union und vom Landesministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz. Die an vielen Kreuzungen bereits vorhandenen Verkehrszählanlagen bekamen neue Datenleitungen und die seit dem Jahr 2001 bestehende Verkehrszentrale erhielt neue Hard- und Software. „Im Normalfall steuert sich das System automatisch“, sagte Becker. Nähere sich an einer der Hauptstraßen die Schadstoffbelastung dem Grenzwert, drossele das System den Verkehr. Die Ampeln am Beginn der betroffenen Strecke stehen länger auf Rot, bis die Verkehrsbelastung gesunken sei. Gleichzeitig soll der Verkehr in der Innenstadt flüssiger werden.
Die Autoschlange bilde sich durch die Pförtnerampeln lediglich an einer anderen Stelle, bemängelte schon bei der Vorstellung des Konzepts der ADAC. Der Automobilclub befürchtete einen erheblichen Rückstau. Auch Reik Becker räumt ein, dass die Autos wegen der Pförtnerampeln nicht weniger werden. Sie stoßen ihre Schadstoffe jedoch an Stellen aus, an denen es weniger Anwohner gebe.
Beispielhaft sei die Zeppelinstraße, über die täglich etwa 22 000 Autos fahren. Besonders im Berufsverkehr gibt es hier Stop and Go. Tausende Anwohner sind betroffen. Ähnlich kritisch ist die Situation in der Behlertstraße, die die Innenstadt an die Nutheschnellstraße anbindet. Auch hier soll die Ampel an der Kreuzung mit der Berliner Straße dafür sorgen, dass weniger Autos gleichzeitig Richtung Innenstadt fahren können. Auf der Humboldtbrücke, über die täglich 45 000 Autos fahren, ist deshalb stadteinwärts öfter mit Stau zu rechnen. Dort und auf der Zeppelinstraße vor der Kreuzung zur Forststraße zirkuliere die Luft aber besser als zwischen den Häusern in der Innenstadt, so dass sich Schadstoffe weniger konzentrierten, so Becker.
Neben Zeppelin- und Behlertstraße soll das System auch im Straßenzug Breite Straße / Lange Brücke und auf der Heinrich-Mann-Allee ab der Kreuzung zur Friedhofsgasse eingesetzt werden. Auf der Großbeerenstraße würden die Ampeln künftig auch automatisch durch die Zentrale gesteuert, jedoch ohne die Pförtnerfunktion, so Becker.
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