
© A. Klaer
Landeshauptstadt: Mit Augenmaß
Auch Potsdamer Katholiken diskutieren den Limburger Bischofsskandal. Austritte aus Protest sind bislang aber nicht bekannt
Stand:
Was wäre unsere Kultur ohne den Prunk früherer Tage? Burgen, Schlösser, Kirchen – so richtig preiswert war das selten. Sündhaft teuer schon eher. Vielleicht hat sich der Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst dieser Tage eine Zeitreise in vorige Jahrhunderte gewünscht. Die Diskussionen um die immens gestiegenen Kosten für seinen Amtssitz wären damals womöglich gar nicht erst aufgekommen. Nun aber ist dies Thema – auch unter Potsdamer Katholiken.
„Es ist Gespräch“, bestätigt der Potsdamer Propst Klaus-Günter Müller von der katholischen Gemeinde St. Peter und Paul. Unter den Gemeindegliedern gebe es Diskussionen zu Tebartz-van Elst. Zugleich schränkt Müller jedoch ein: „Das praktische Leben hier in Potsdam berührt es nicht.“ Bislang habe er auch von niemandem aus seiner Gemeinde gehört, dass er wegen der Affäre um den Limburger Bischof aus der Kirche ausgetreten sei. Ähnliches berichtet der Babelsberger Pfarrer Matthias Patzelt von der katholischen St. Antoniusgemeinde. Trete jemand aus der Kirche aus, erfahre es die jeweilige Pfarrei zwar meistens nicht sofort, doch, so Patzelt, er als Pfarrer habe in seiner Gemeinde jedenfalls von keinen Austritten gehört, die mit den Vorgängen um den Limburger Bischof Tebartz-van Elst begründet worden seien.
In den vergangenen Jahren konnten sich die beiden Potsdamer katholischen Gemeinden – entgegen dem Bundestrend – sogar über Zuwachs freuen. Dem neuesten Statistischen Jahrbuch der Landeshauptstadt zufolge, in dem allerdings die jüngsten katholischen Krisenzeiten noch keine Berücksichtigung finden konnten, gibt es in Potsdam immer mehr Katholiken. So stieg deren Zahl im Zeitraum von 2008 bis 2012 um 9,6 Prozent und wuchs damit doppelt so stark wie die Potsdamer Gesamtbevölkerung, die im selben Zeitraum nur um 4,8 Prozent zunahm. Nach Angaben der Statistiker lebten im Jahr 2012 in Potsdam etwa 7 500 Katholiken. Deutschlandweit sind nach Angaben des Statistischen Bundesamtes von 1992 bis 2010 insgesamt 2,3 Millionen Menschen aus der katholischen Kirche ausgetreten, die Todesfälle eingerechnet sind es in dieser Zeit sogar 3,1 Millionen Katholiken weniger geworden.
Bei den Diskussionen über die gegen den Limburger Bischof erhobenen Vorwürfe spüre er unter seinen Gemeindegliedern „eine große Zurückhaltung in der Bewertung“, berichtet Patzelt. Und doch sitzt die Verärgerung über die skandalträchtigen Vorgänge bei vielen Gläubigen tief. Die Angelegenheit sei „ganz schlimm für die katholische Kirche“, sagt etwa Ingrid Bonk von der Gemeinde St. Peter und Paul den PNN: „Wir leiden alle darunter.“ Zugleich plädiert die Rentnerin für Augenmaß in der Debatte: „Immer diese Vorverurteilung – das ist furchtbar.“ Ein Grund, aus der Kirche auszutreten – wie andernorts offenbar bereits geschehen –, seien die Vorgänge in Limburg aber nicht, so Bonk. Auch die Potsdamerin Hilde Neumann, ebenfalls in der Gemeinde St. Peter und Paul beheimatet, lässt die jüngsten Querelen nicht als Austrittsgrund gelten: Menschen, die jetzt sagen, sie seien wegen Tebartz-van Elst aus der Kirche ausgetreten, hätten sich wohl ohnehin schon länger mit dem Austrittsgedanken getragen oder seien bereits zuvor nicht mehr im wirklichen Kontakt mit der katholischen Kirche gewesen.
Für überzogen hält der Potsdamer André Laschewsky die momentan geführte Debatte. „Die Öffentlichkeit neigt dazu, ein bestimmtes Kirchenbild zu pflegen“, sagte der Katholik gegenüber den PNN. Dabei würden häufig Dinge durcheinandergebracht. Solange es sich ausschließlich um kirchliches Vermögen handele, dessen Verschleuderung beklagt werde, müsse die Angelegenheit intern in der katholischen Kirche geregelt werden, meint Laschewsky. Die Sache sei in erster Linie eine innerkirchliche, aber keine nationale Angelegenheit.
Verschleuderung hin oder her – dass es bescheidener als in Limburg zugehen kann, zeigt der Berliner Erzbischof Rainer Maria Woelki, zu dessen Diözese auch Potsdam gehört. Er lebt im Berliner Stadtteil Wedding, also keineswegs in einer First-Class-Gegend. Seitdem Woelki vor zwei Jahren von Köln nach Berlin kam, wohnt der Kardinal in einem typischen Berliner Altbau im fünften Stock unterm Dach (PNN berichteten). Der größte Luxus dürfte die Geräumigkeit seiner Wohnung sein: Dem Geistlichen stehen fünf Zimmer zur Verfügung.
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