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Blitzeblank. An der Waldorfschule sorgen die Schüler selbst fürs Putzen – auch in den Toilettenräumen. Die Jobs sind sogar besonders begehrt, weil es mehr Geld gibt.

© Uta Donath

Landeshauptstadt: Mit Besen und Wischmopp

Potsdamer Waldorfschüler reinigen ihre Schule selbst – und lernen dabei auch das Wirtschaften

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An diesem Nachmittag ist es ruhig in der Potsdamer Waldorfschule. Die meisten Schüler sind bereits auf dem Heimweg oder halten draußen noch ein Schwätzchen in der Oktobersonne. Doch in dem kleinen Putzraum im Erdgeschoss der Schule wird es nun lebhaft. Schüler kommen herein und gehen zum „Schülerputzregal“. In dem großen Holzregal stehen Kisten mit Putzmitteln, Lappen und Handschuhen, kleine Bürsten hängen an Haken. Ganz oben liegt ein großer Stapel Toilettenpapier. Die Schüler bedienen sich aus dem Regal und holen Eimer, Wischmopp und Besen. Nach einem Blick auf Karteikärtchen, die an der Wand in kleinen Stofftaschen stecken, verteilen sie sich mit ihren Putzutensilien im Schulgebäude.

Auch Aniluka und Lale beginnen mit der Arbeit. Sie werden heute – wie jeden Montag – die Schulflure putzen. „Du fegst, ich wische“, sagt Aniluka. Beide Mädchen sind 16 Jahre alt und in der elften Klasse. Sie gehören zu einem Team von etwa 20 Schülern, das für Sauberkeit in der Schule in der Erich-Weinert-Straße sorgt. Bereits seit fünf Jahren liegt das Putzen an der Waldorfschule in Schülerhänden. Betreut werden sie dabei seit einem Jahr von Uta Donath, die als Mutter von zwei Schülern die Waldorfschule gut kennt. „Die Schulleitung war unzufrieden damit, dass eine externe Reinigungsfirma an die Schule kommt, deren Personal gar keinen Bezug zur Schule hat“, erklärt sie. Kurzerhand lud man Linda Thomas aus der Schweiz ein, die seit Langem erfolgreich gerade an Reformschulen dem Thema Putzen einen neuen Wert verleiht. In Workshops vermittelte Thomas den Schülern und Eltern, dass das Reinigen und Pflegen von Räumen eine verantwortungs- und würdevolle Aufgabe ist und gab damit den Impuls für die Gründung einer Schülerputzfirma.

Seit insgesamt fünf Jahren putzen die Schüler ihre Schule selbst, zunächst in Form einer Arbeitsgemeinschaft. Aus der Schülerputzgemeinschaft wurde jüngst die Schülerfirma „Putzdamer“, die im Junior-Portal des Instituts der deutschen Wirtschaft gelistet ist. Von nun an sind auch Logistik, Buchhaltung und Marketing in Schülerhand. Monatlich verwalten sie ein Budget von 800 Euro. Selbst Betriebsversammlungen führen die Schüler durch. „Alles, was zu einem Unternehmen gehört, lernen die Schüler hier im kleinen Maßstab“, erklärt Uta Donath. Luana gehört seit einem Jahr zum Putzteam der Schule. „Weil ich mein Taschengeld aufbessern wollte“, antwortet die 15-Jährige auf die Frage nach dem Grund dafür. Zwei Stunden in der Woche reinigt sie die Klassenräume der ersten bis dritten Klassen. Pro Raum benötigt sie etwa eine Stunde und bekommt dafür sechs Euro. „Wischen macht am meisten Spaß“, verrät sie. Dabei war Luana von der Idee, die Schule zu putzen, anfangs gar nicht begeistert. „Da habe ich nachmittags eigentlich keine Lust drauf“, habe sie gedacht. Doch inzwischen macht sie den Job gerne. Und einen sauberen Raum wisse sie heute mehr zu schätzen als früher, so die Schülerin.

Auch die Toiletten werden von den Schülern gereinigt. „Die Toilettenjobs sind durchaus begehrt, weil sie besser bezahlt werden“, sagt Uta Donath. Satt sechs Euro gibt es hier acht Euro pro Stunde. Die Schüler machen ihre Aufgabe sehr gut. Im September war sogar ein Fernsehteam des ZDF zu Gast – um die Schulklos zu besichtigen. Das Fazit der Kindernachrichtensendung „logo!“: In der Waldorfschule Potsdam gibt es die saubersten Schulklos. „Das ehrt uns schon“, sagt Luana und lacht.

Während Aniluka und Lale die Schulflure wischen, reinigt Louis den Klassenraum der siebten Klasse. Ein blauer Zettel an der Tür listet die Dinge auf, die Louis zu tun hat: „Boden fegen, Fensterbänke feucht wischen, Fußbodenleisten und Ecken feucht auswischen, Waschbecken putzen und Boden wischen“, steht auf der Liste. Manchmal muss Louis auch die Stühle auf die Tische stellen, wenn die Schüler dies vergessen haben. Nach etwa einer Stunde sind die Arbeiten erledigt. Mittwochs putzt Louis noch zwei weitere Räume. „Das dauert dann aber nicht so lange“, sagt der 17-Jährige.

Das Konzept der Schülerputzfirma bewährt sich. „Die Achtsamkeit der Schüler ist extrem gestiegen und wir haben überhaupt keine Probleme mehr mit Graffiti“, sagt Friederike Koch, Lehrerin und Mitglied der Schulleitung. Beschwerden über unsaubere Räume gebe es nicht, betont Uta Donath. Seit die Schüler das Putzen übernommen haben, sei auch die Liebe zum Detail größer. In der Adventszeit hat Uta Donath etwa gemeinsam mit Schülern aus leeren Papierrollen Weihnachtssterne gebastelt und aufgehängt. Und manchmal stellen die Schüler sogar frische Blumen auf.

Heike Kampe

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