
© Patrick Pleul/lbn
Von Antje Scherer: Mit dem Audioguide durch den Wald
Vogelgezwitscher und Technik – Nummerierte Findlinge am Wegesrand weisen auf die nächste Station hin
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Sauen - Bislang konnten sich Museumsbesucher mit Hilfe von Audioführern Bilder und Skulpturen erklären lassen. In Brandenburg sind nun auch im Sauener Wald (Oder-Spree) Spaziergänger mit den kleinen, tragbaren Geräten anzutreffen. Eine Stimme informiert sie in dem besonderen Wald auf einem drei Kilometer langen Rundweg, den auch Kunstobjekte säumen, über fast 100 Jahre Forst- und Zeitgeschichte – im anderen Ohr bleibt das Vogelgezwitscher in freier Natur zu hören. Anders als im typischen märkischen Kiefernwald stehen in Sauen neben Eichen auch Exoten wie zum Beispiel Blutbuchen.
Nummerierte Findlinge am Wegesrand weisen die Spaziergänger daraufhin, wann es wieder Zeit für die nächsten Audioguide-Stationen ist.
Die Besucher des rund 700 Hektar großen Waldes erfahren etwa, wie die Bäume nach Sauen kamen. Schöpfer des Experiments war der Arzt August Bier (1861-1949), der 1912 das Gut Sauen inklusive des stark übernutzten Waldes erwarb. Bier war in Sachen Forst Autodidakt und setzte auf die „gute Mischung eines Mischwaldes“: Tiefwurzler gegen Flachwurzler, Laubbaum gegen Nadelbaum.
Der Versuch glückte, der Wald erholte sich rasch und Bier erfuhr bereits von der Forstwirtschaft der 1930er-Jahre viel Anerkennung.
Dass der umtriebige Arzt darüber hinaus für die Erfindung des Stahlhelms und der Rückenmarknarkose verantwortlich war, auch darüber informiert der Rundgang. Station 5 ist die letzte Ruhestätte Biers, der gemeinsam mit seiner Frau mitten im Wald begraben liegt. Wer an dieser Stelle eine Weile Pause macht, kann die Bevölkerung des Waldes entdecken: unterschiedliche Vogelarten, Eichhörnchen und Rehe.
Dass der Sauener Wald das Kriegsende und auch die intensive Forstnutzung zu DDR-Zeiten unbeschadet überstanden hat, ist zahlreichen glücklichen Fügungen zu verdanken. So berichtet Thorsten Mehlhorn von der Bier-Stiftung: „Für den Wald war es ein Segen, dass die Russen hier waren. Die sowjetische Armee hat eine große Zahl Kiefern zum Feuermachen geschlagen – und dadurch war Platz für Laubbäume.“
Diese von Bier gepflanzten Bäume hätten dadurch ungehindert wachsen können. Später hielt vor allem die Nutzung als Versuchsrevier der Forsthochschule Eberswalde eine Art Schutzschirm über den Wald.
Heute kümmert sich Conrad Baldamus um das Vermächtnis Biers. Der Arzt im Ruhestand ist inzwischen nach Sauen gezogen und Vorsitzender der Stiftung August Bier, die für den Audiopfad verantwortlich zeichnet. 1994 erwarb die Stiftung den Wald, das Gutshaus gehört der Universität der Künste, die hier Workshops und ein Kulturprogramm veranstaltet. Von Studenten der Hochschule stammen auch die Kunstobjekte im Wald, die der Audiopfad erläutert.
Im Dezember 2009 hat die Stiftung mitten in dem 100 Einwohner zählenden Ort Sauen ein kleines Informationszentrum eröffnet. Dort startet und endet die Tour, an der bislang den Angaben zufolge rund 150 Menschen teilgenommen haben. Erstmals im Einsatz gewesen seien die Audioguides im März. Verlaufen kann man sich im Wald übrigens nicht: Jeder Besucher erhält eine Karte des Geländes, an Abzweigungen weist eine Markierung in Form eines Wildschweins den rechten Pfad.
Für Fachleute gibt es – neben der allgemeinverständlichen Variante – auch ein spezielles forstwirtschaftliches Programm.
www.stiftung-august-bier.de
Der Rundgang dauert etwa eineinhalb Stunden, ein Audioguide kostet zwei Euro. Es gibt keine festen Öffnungszeiten, das Gerät kann bei der Stiftung vor einem Rundgang reserviert werden.
Antje Scherer
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