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Von Lars Hartfelder: Mit dem Bücherbus übers Land

Fahrbibliotheken sind in kleinen Dörfern oft wichtige soziale Treffpunkte

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Freiwalde - Ein großer, leuchtend blauer Bus biegt im südbrandenburgischen Dorf Freiwalde um die Ecke. Zwei Frauen und ein Mann warten am Straßenrand mit einem Beutel in der Hand. Doch Mitfahren wollen sie nicht – Bücher sind ihr Ziel. Die rollende Fahrbibliothek des Landkreises Dahme-Spreewald versorgt Menschen auf dem Lande mit Lesestoff. Der Bücherbus ist einer von fünf fahrenden Bibliotheken in Brandenburg.

Mit einem leisen Quietschen öffnet sich langsam die Mitteltür des Busses. Renate Waschkowitz begrüßt ihre Kunden persönlich. Seit 1992 ist die Bibliotheksleiterin mit der fahrenden Bücherei unterwegs. In Freiwalde hält der Bus alle zwei Wochen für 25 Minuten. Da gibt es nur wenig Zeit zum Stöbern. In den dicht gedrängten Regalen stehen 2500 Bücher, dazu gibt es DVDs, Hörbücher, Videos, CDs, Zeitschriften und Spiele.

„Die Haltepunkte sind in vielen Dörfern ein wichtiger sozialer Treffpunkt“, weiß Renate Waschkowitz aus zahlreichen Gesprächen und Beobachtungen. Oft sei der Bibliothekstag die einzige Attraktion in den kleinen Orten. „Die Besucher wissen das Angebot sehr zu schätzen und fragen regelmäßig, ob wir auch wiederkommen.“ Manchmal erzählen die Gäste der Bibliothekarin auch ihre Sorgen. „Der Bücherbus ist mehr als eine reine Bibliothek, gerade für ältere Menschen sind die Gespräche fast genauso wichtig wie das Ausleihen.“ Im Laufe der Jahre hätten sich zu einigen Gästen sogar richtige Freundschaften entwickelt.

Veronika Holzhahn gehört zu den Stammkunden in Freiwalde. „Bisher habe ich immer etwas gefunden“, erzählt sie. Diesmal sind es zwei Bücher und eine CD. Wie alle anderen Kunden hat sie 1,50 Euro Anmeldegebühr bezahlt. Die Ausleihe von Büchern ist kostenlos, für DVDs und Hörbücher müssen zwischen 50 Cent und 2,10 Euro bezahlt werden.

Renate Waschkowitz liest selbst leidenschaftlich gern und hat für ihre Gäste immer einen Tipp parat. Besonders beliebt seien Krimis, Bibliografien und Reisebücher. Vor allem Australien werde momentan stark nachgefragt. „Da lockt das Fernweh und Sonne“, sagt sie schmunzelnd. Ein Dauerrenner sei nach wie vor Hape Kerkelings „Ich bin dann mal weg“. Kinder würden sich dagegen vor allem Kassetten von Bibi Blocksberg ausleihen.

Die Fahrbibliothek ist eine feste Institution im Landkreis Dahme-Spreewald. Mehr als eine Million Medien wurden seit der Gründung vor 17 Jahren ausgeliehen. 2008 nahmen 1369 aktive Benutzer insgesamt rund 45 000 Artikel mit. 78 verschiedene Stationen, die sich vor allem im dünn besiedelten Raum befinden, werden in diesem Jahr innerhalb eines Monats angefahren. Zwar würden vor allem jüngere Leser fehlen, dennoch habe sich die Zahl der Nutzer 2008 im Vergleich zum Vorjahr leicht erhöht, beschreibt Renate Waschkowitz die positive Entwicklung. Auch die Zahl der Neuanmeldungen sei mit 380 Nutzern weiter gestiegen.

Mit einer normalen Bibliotheksstelle möchte Renate Waschkowitz nicht tauschen, auch wenn die Arbeit nicht immer angenehm sei. „Im Winter ist es kalt, im Sommer sind dagegen im Bus teilweise über 40 Grad“, beschreibt sie ihren Alltag. „Die Fahrten durch die Wälder sind dafür richtig romantisch“, schwärmt sie von den Touren durch den Dahme-Spreewald-Kreis.

„Fahrbibliotheken leisten für alle Schichten der Bevölkerung einen wichtigen Beitrag zur Teilnahme am kulturellen Leben“, beschreibt Lutz Sanne von der Landesfachstelle für Archive und öffentliche Bibliotheken den Stellenwert der rollenden Bücherbusse. Mithilfe der Medienmobile werde die bibliothekarische Grundversorgung im ländlichen Raum gewährleistet. „Sie tragen in vielen Dörfern auch zur Erhöhung der Lebensqualität bei.“

Lars Hartfelder

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