
© Manfred Thomas
Landeshauptstadt: Mit dem Zettel aus dem Bildschirm gepflückt
Hunderte Besucher beim Tag der offenen Tür in der Filmhochschule „Konrad Wolf“
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Babelsberg - Bei der Hochschule für Film und Fernsehen „Konrad Wolf“ (HFF) beginnt der Tag der offenen Tür am Samstag bereits vor der Eingangstür: Am Eingang hat sich das Mish-Mash-Me-Mobil postiert, vor dem fast jeder Besucher erst mal fasziniert und grinsend stehen bleibt.
Zwei Besucherinnen stehen vor einem Kleinlaster und wedeln mit pinkfarbenen Zetteln, auf einer großen Leinwand sehen sich die beiden in Echtzeit aufgenommen. Am Bildrand laufen animierte Köpfe oder Kleidungsstücke vorbei, die die Davorstehenden auf ihre Ebenbilder kleben; so als stünde man vor einem digitalen Umkleidespiegel. Dazu muss man die Stücke nur mit dem Zettel aus dem Bildschirm pflücken, der die Signalfarbe erkennt. „Das funktioniert durch Farbtracking“, erklärt Tine Papendick, Animationsstudentin an der HFF und Regisseurin des Projekts. „Wir sind mit dem Mish-Mash-Me-Mobil durch ganz Europa gefahren und haben dabei gefilmt; das Projekt ist die Grundlage eines Dokumentarfilmes“, so Papendick.
Doch wer sich bei dieser vergnüglichen Selbstverwandelung aufhält, verpasst Einiges. Alle elf Studiengänge der ältesten und größten Filmhochschule Deutschlands stellen sich vor: Von Drehbuchlesungen und Stimmübungen von Schauspielstudenten bis zu Schnitt und Computeranimation kann man alle Handgriffe des Filmemachens von der Idee bis zur Nachbearbeitung in Aktion sehen.
Rundgänge durch die verschiedenen Werkstätten und Studios zeigen auch, dass Filme viel mit handfester Arbeit zu tun haben: Im Atrium sägen und bohren zwei Studentinnen an einem Szenenmodell, daneben steht ein liebevoll aus Plastikmüll gebautes Raumschiff vor einem Greenscreen. Die davor stehende Remote-Kamera wird das Schiff so filmen, dass es sich später vielleicht durch eine Weltraumschlacht zu manövrieren scheint. Ebenfalls im Atrium senkt und hebt sich ein frei drehender Kamerakran, den gerade eine Schülerin von einer Boden-Konsole aus fernsteuert: Elegant schwebt die 22 Kilo schwere Kamera in zehn Metern Höhe durch die Luft.
Hunderte Besucher, vor allem Schüler und Studenten nutzen den Tag der offenen Tür, aber auch Rentner Gerhard Rose ist begeistert vom Blick hinter die Kulissen: „Filmstudios waren bisher böhmische Dörfer für mich. Ab und zu kommt mal im Fernsehen etwas darüber, aber das hier ist zum Anfassen! Ich konnte zum Beispiel am Mischpult sitzen und die Regler bedienen!“
Tatsächlich kann man im Tonstudio 3 selbst versuchen, Instrumentenspuren einzuspielen und zu bearbeiten. Eine kurze unheimliche Filmszene ist zu sehen: Ein Mann versucht ein Loch in eine Wand zu machen, hinter der sich irgendetwas verbirgt. Passend dazu erklingen dramatische Streicher und ein unheilvolles Piano. „Diese Sequenz hat vorhin ein elfjähriges Mädchen in etwa zwei Minuten gemacht“, berichtet Professor Ulrich Reuter beeindruckt – die Musik könnte problemlos als Profi-Soundtrack durchgehen. Vielleicht wird die begabte Schülerin auch irgendwann an der HFF studieren. Erik Wenk
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