Fotoausstellung im Rathaus: Mit den Augen der anderen
"Leben zwischen Licht und Schatten": Potsdamer Flüchtlinge haben fotografiert, ihre Bilder zeigen, wonach sie sich sehnen. Manchmal hat auch die Polizeiwache damit zu tun.
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Eines Tages war Adham Al Hamada den Pfingstberg zum Belvedere hochgelaufen. Dort sah er eine Hochzeitsgesellschaft, in den Kolonnaden wurde das Paar fotografiert. Und auch Adham Al Hamada, der 23-jährige Syrer, machte ein Bild mit seiner Handykamera. Jetzt ist es eines von 17 Fotos einer Ausstellung im Stadthaus, die am gestrigen Dienstag im Rahmen der interkulturellen Woche eröffnet wurde. „Leben zwischen Licht und Schatten“ heißt das Motto der Ausstellung, sechs in Potsdam lebende Flüchtlinge haben sich daran beteiligt. Ihre Aufnahmen zeigen, wie sie die Stadt sehen, die nach oftmals schlimmen Ereignissen ihre neue Heimat wurde.
Was ihn an der Hochzeitsszene so beeindruckte, erzählt Adham Al Hamada bei der Ausstellungseröffnung. „Diese Menschen sehen so unbeschwert aus, so glücklich“, sagt er. Undenkbar derzeit für ihn, einfach in Familie zu feiern – sein Vater ist noch in Syrien, mit der Mutter lebt er in einer Einraumwohnung im Staudenhof.
Immer mehr Flüchtlinge mit oft ungeklärtem Status kommen nach Potsdam, leben hier in Heimen, Wohnungen, Wohnprojekten. In den Bildern der Ausstellung wird deutlich, dass sie die positiven Seiten Deutschlands oft ganz bewusst wahrnehmen und schätzen. Und dass sie andererseits traumatische Erinnerungen oder die Sorge um Daheimgebliebene belasten. Casha Hashi Abdallah kam ganz allein aus Somalia nach Deutschland und hat Angst um ihre sechs Kinder, die sie zurücklassen musste. „Dort gibt es Terror und Gewalt“, sagt sie. Sie hat die Polizeiwache in der Tresckowstraße fotografiert, denn die gibt ihr ein Gefühl von Sicherheit. Andere Fotos zeigen Kinder, die unbeschwert spielen – etwas, das Flüchtlinge aus ihrem Heimatland oft nicht kennen.
„Es geht nicht um künstlerische Perfektion, sondern um die Botschaften“, sagte die Sozialbeigeordnete Elona Müller-Preinesberger (parteilos). Sie hoffe, dass es auch mithilfe solcher sehr persönlichen Ausstellungen gelingt, in der Flüchtlingsdiskussion nicht den einzelnen Menschen aus den Augen zu verlieren. Menschen, die hier zunächst aufatmen und hoffen. Zum Beispiel, dass irgendwann auch im Iran Frauen ohne Kopftuch entspannt in einem Straßencafé sitzen können – wie auf einem Bild, dass eine Potsdamer Kaffeehausszene zeigt: für Einheimische etwas Alltägliches, für die Fotografin aus dem Iran etwas ganz Besonderes.
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