Landeshauptstadt: Mit den Händen schaffen
225 junge Handwerker erhielten am Sonnabend den Meisterbrief
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225 junge Handwerker erhielten am Sonnabend den Meisterbrief Von Erhart Hohenstein Auch in der vierten Generation bleibt der Fortbestand des 1901 begründeten Malerbetriebs Schulz gesichert. Stolz erlebte Obermeister Dietwald Schulz mit, wie seine 23-jährige Tochter Katharina am Sonnabend im Dorint-Hotel den Meisterbrief erhielt. „Katharina hat bei mir gelernt und wird einmal den Betrieb übernehmen“, verriet er. Vom Können der Jungmeisterin zeugen unter anderem die Fassaden des Kutschstalls auf dem Neuen Markt und des Einstein-Gymnasiums. „Aber auch Kleinaufträge für Privatkunden führen wir aus“, berichtete sie. Die traditionsreiche Firma hat mit der Krise im Baugewerbe zu kämpfen, musste die Mitarbeiterzahl auf sechs senken. Um so mehr will Katharina mit Fleiß und Energie den Betrieb voranbringen – selbst auf das Fußballspielen bei Turbine Potsdam hat sie deswegen, wenn auch schweren Herzens, verzichtet. Vom Augenoptiker bis zum Zimmerer waren 225 junge Handwerker aus 21 Gewerken und aus ganz Brandenburg am Sonnabend nach Potsdam angereist, um „freigesprochen“ zu werden. 17 davon kamen aus Potsdam, das sich mit 837 Meister- und 418 weiteren Betrieben als Stadt des Handwerks ausweist. Das würdigte Oberbürgermeister Jann Jakobs in seiner Festrede. Die Stadt verdanke wesentlich dem Handwerk ihr wieder schönes Antlitz, Neubauten, restaurierte Baudenkmale, gepflegte Grünanlagen und verbesserte Dienstleistungen. Das Stadtoberhaupt zeigte sich über die Probleme des Handwerks gut informiert: Geringes Eigenkapital, Schwarzarbeit, schlechte Zahlungsmoral mancher Auftraggeber bedrohen zahlreiche Kleinbetriebe, die 80 Prozent der Potsdamer Unternehmen ausmachen, mit Insolvenz. Was die Stadt tun könne, um dem Handwerk zu helfen, das tue sie. Im Stadthaus finden regelmäßig „Thementage Handwerk“ zur Erörterung der Probleme statt. Neben einem Zinssubventionierungsprogramm, aus dem bisher 43 Vorhaben mit 130 000 Euro gefördert wurden, werde jetzt ein Absatzförderprogramm aufgelegt. Aus den städtischen Investitionen von jährlich 34 Millionen Euro oder den 230 Millionen Euro, die seit 1990 für die Verbesserung der Potsdamer Infrastruktur ausgegeben wurden, ergebe sich ein beträchtliches Auftragsvolumen für das Handwerk. In Potsdam sei der „Aufschwung Ost“ Realität, so Jakobs. Dies bestätigte eine Untersuchung, die Potsdam mit Dresden und Jena die wirtschaftliche Spitzenposition unter den ostdeutschen Städten und gute Rahmenbedingungen für Investoren bescheinigt. Der Oberbürgermeister dankte der Handwerkskammer und der Kreishandwerkerschaft für ihren bedeutenden Beitrag zu Ausbildung und Bildung junger Menschen. Er betonte den Wert der Meisterausbildung, die bekanntlich nach der neuen Handwerksordnung zur Führung eines Betriebes nicht mehr für alle Berufe vorgeschrieben ist. Damit sprach er Klaus Windeck aus dem Herzen. Der langjährige Präsident der Handwerkskammer Potsdam hatte in seinen Begrüßungsworten den Meisterbrief als Voraussetzung für die erfolgreiche Führung eines Betriebes bezeichnet. Dies drückte sich auch im Motto der Veranstaltung „Meister wissen, wie’s geht“ aus. In einer Talkrunde mit als „besten Meistern“ und einem Förderpreis von 3000 Euro ausgezeichneten Handwerkern – diesmal Fliesenleger Roland Baatz aus Glindow und Konditor Ulf Grünberg aus Lenzen – wurde dies weiter vertieft. So hat der Potsdamer Tischler Marko Wust, „Bester Meister 2000“ und im Jahr darauf nach einer Zusatzausbildung bei der Handwerkskammer auch „Bester Betriebswirt“, eine Werkstatt mit inzwischen vier Beschäftigten, darunter zwei Lehrlingen aufgebaut, die sich auf dem Markt behauptet. Besonders stolz kann Wust darauf sein, dass ihm der Innenausbau der Räume für das neue Bundespresseamt in Berlin übertragen wurde.
Erhart Hohenstein
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