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Abschied in den Ruhestand. Vor 19 Jahren trat Professor Dr. Walter Christe seinen Dienst als Chefarzt der damals neu eingerichteten Neurologie-Abteilung am Klinikum „Ernst von Bergmann“ an. Sein Medizinstudium finanzierte er sich als Taxifahrer.

© Andreas Klaer

Von Klaus Büstrin: Mit Herzblut Neurologe

Der Chefarzt der Neurologie im Bergmann-Klinikum, Walter Christe, geht heute in den Ruhestand

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Innenstadt – Ein Chefarzt hat sich im Griff, auch wenn ihn ein wenig Wehmut ergreifen sollte. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dürfen aber getrost eine kleine Träne vergießen, vor allem wenn ihr Chef dabei ist, den Schreibtisch und die Schränke auszuräumen, die Akten zu ordnen sowie die Bücher zu sortieren. Professor Dr. Walter Christe war in den vergangenen Tagen dabei, sein Dienstzimmer für den Stabwechsel frei zu machen. Der Chefarzt der Klinik Neurologie des Potsdamer Klinikums Ernst von Bergmann ist bis zum heutigen Samstag noch im Dienst. Am 1. August tritt sein Nachfolger, Professor Martin Südmeyer, der bislang am Universitätsklinikum in Düsseldorf tätig war, sein Amt in Potsdam an.

Walter Christe geht in den Ruhestand. Doch man glaubt es kaum, dass er das reguläre Rentenalter bereits erreicht hat. Kollegen und Mitarbeiter sind glücklich, mit ihm zusammen gearbeitet zu haben. Mit viel Herzblut und Sorgfalt, stets patientenorientiert, warmherzig, humorvoll und integer versah er seinen Dienst als Arzt und Chef.

Des in Stuttgart Geborenen Wunsch war Medizin zu studieren. „Da mein Abizeugnis nicht allzu glänzend war, war ich froh, nach fünf Jahren die Zulassung zum Studium der Medizin an der Freien Universität Berlin (FU) zu bekommen“, sagte er den PNN. „Mein Studium finanzierte ich als Taxifahrer. Da habe ich viele Straßennamen, die nach ostdeutschen Städten benannt wurden, kennengelernt. Ich wusste zwar, wo sich beispielsweise die Bernauer Straße in Berlin befindet, aber die betreffende Stadt selbst kannte ich nicht. Das hat sich nach dem Mauerfall geändert.“

Nach der Approbation 1981 entschloss sich Walter Christe, die Fachrichtung Neurologie einzuschlagen. Am Klinikum Charlottenburg der Freien Universität wurde er wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung Neurologie. Chef war damals der legendäre Prof. Dieter Janz, der sich auf dem Gebiet der Epileptologie große Verdienste erwarb. Nach einem Weiterbildungsjahr in Sachen Psychiatrie in Mailand ging sein beruflicher Weg als Arzt in Berlin weiter: Am Universitätsklinikum Rudolf Virchow der FU und später der Humboldt-Universität. 1989 wurde Christe die Anerkennung als Neurologe zuteil.

„Im Jahre 1997 kam die Anfrage, ob ich die neu einzurichtende Neurologie-Abteilung am Klinikum Ernst von Bergmann übernehmen würde. Ich gab eine positive Antwort. So begann ich im Juli vor 19 Jahren meinen Dienst als Chefarzt hier in Potsdam“, erzählt der Neurologe. In der Landeshauptstadt gab es zwar mehrere niedergelassene Nervenärzte, aber in den Krankenhäusern keine neurologischen Betten.“ Er entwickelte die Abteilung zu einer modernen und weithin anerkannten Klinik für Neurologie. Sie wurde auch zu einem Zentrum für Schlaganfallpatienten.

„Der Schlaganfall gehört leider zur häufigen Krankheit der Gegenwart, aber er ist keine Volkskrankheit, wie man es manchmal meint“, so Christe.

Bei der Diagnose Schlaganfall haben sich in den vergangenen Jahren die Behandlungsmethoden weiterentwickelt. So ist es möglich, Blutgerinnsel aus den Hirngefäßen zu entfernen. Auch die Wirksamkeit sowie die Verträglichkeit neuer Medikamente bei epileptischen Anfällen ist differenzierter geworden. Wir sind für alle neurologischen Krankheiten wie beispielsweise Epilepsie, Parkinson-Syndrom, Migräne, Hirntumor oder Entzündungen des Nervensystems gut aufgestellt. „Unsere Oberärzte, die mit den neuesten Erkenntnissen ausgestattet sind, agieren auf höchstem Niveau. Aber auch jeder andere Mitarbeiter der Klinik, so habe ich es erlebt, ist hoch motiviert.“ Natürlich ist die Abteilung mit neuen medizinischen Geräten ausgestattet, mit der man die Krankheiten genau diagnostizieren kann.

Walter Christe, der an der Universität Potsdam lehrt, wird sich im Ruhestand nicht zurücklehnen oder beschaulich in den Tag hineinleben. Die Familie wird es wohl auch kaum zulassen und außerdem wird er im Partnerkrankenhaus des Klinikums in Bad Belzig ab August mit seinen großen neurologischen Erfahrungen den dortigen Kollegen zur Seite stehen. Und sicherlich wird er auch die tatsächlichen Orte in der Umgebung von Berlin und Potsdam erkunden, die er nur vom Straßenschild her kennt. Natürlich ohne Taxi.

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