
© Manfred Thomas
Von Jana Haase: Mit Holz-Dildo durch die Kneipen Die 10. Aids-Gala steht bevor: Hortense Lademann arbeitet seit elf Jahren für die Potsdamer Aidshilfe
Hortense Lademann nennt es die „Überraschungstaktik“. Bewaffnet mit einer „Rauschbrille“, die beim Aufsetzen die Wahrnehmung eines Betrunkenen simuliert, einem Holz-Dildo und Kondomen ist sie einmal im Monat in Potsdams Innenstadt-Kneipen unterwegs.
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Hortense Lademann nennt es die „Überraschungstaktik“. Bewaffnet mit einer „Rauschbrille“, die beim Aufsetzen die Wahrnehmung eines Betrunkenen simuliert, einem Holz-Dildo und Kondomen ist sie einmal im Monat in Potsdams Innenstadt-Kneipen unterwegs. „Wir gehen an die Tische und fragen, ob sich die Männer vorstellen können, mit 1,5 Promille noch ein Kondom richtig überziehen zu können“, erklärt Hortense Lademann. Beim Praxistest erlebt sie dann oft dieselben Szenen: „Dass selbst gestandene Männer nicht wissen, wie ein Kondom eigentlich behandelt wird“, berichtet die Sozialarbeiterin des Potsdamer Aidshilfe-Vereins. Da wird etwa das falsch herum aufgezogene Präservativ einfach „umgekrempelt“, obwohl das doch bereits eine Krankheitsübertragung oder eine Schwangerschaft zur Folge haben kann. Solche Wissenslücken schließt die 48-Jährige dann im lockeren Gespräch.
„Liebe beginnt hier...“ heißt die Präventions-Aktion der Potsdamer Aidshilfe, bei der Hortense Lademann gemeinsam mit jugendlichen Ehrenamtlern durch die Kneipen zieht. Und in diese Aktion soll auch der Erlös der diesjährigen Aids-Gala fließen. Damit soll zum Beispiel die Ausbildung der jugendlichen Helfer finanziert werden oder die wiedererkennbare Kleidung – blaue Jacken, T-Shirts und Basecap, erklärt die Sozialarbeiterin, die sich selbst bei diesen Touren manchmal wie „die alte Mutti“ vorkommt. „Wir suchen immer junge Leute“, betont sie.
Die Aids-Gala ist für die Mitarbeiter der Potsdamer Aidshilfe so etwas wie der Höhepunkt der Jahresarbeit, selbst wenn die Vorbereitung mit vielen Überstunden verbunden ist. Es ist aber bei weitem nicht die einzige Veranstaltung, die von Potsdam aus geplant wird. Neben der Beratung für die Allgemeinheit – 2008 wurde die Aidshilfe 906-mal angerufen, 45 HIV-positive Klienten sind dort derzeit in Betreuung – organisiert die Potsdamer Aidshilfe jährlich auch eine Fachtagung für Ärzte und medizinisches Personal. Auch im Jugendbereich ist die Aidshilfe tätig: 51 Schuleinrichtungen besuchten die Mitarbeiter im vergangenen Jahr für Präventionsveranstaltungen, die „Jugendfilmtage“ in Potsdam und Guben haben bereits Tradition. Ebenfalls fest im Kalender verankert ist der Weltaidstag am 1. Dezember, wo auch in Potsdam wieder prominente Helfer auf der Straße Geld sammeln. „Politiker haben bereits zugesagt, es fehlen Leute aus dem Kultur- oder Wirtschaftsbereich“, sagt Hortense Lademann.
Dass die Aufklärungsarbeit immer noch nötig ist, davon ist die Potsdamerin überzeugt. So gab es in der Landeshauptstadt nach Auskunft des Robert Koch Institutes in diesem Jahr zum Stichtag 1. Oktober wieder fünf Neuinfektionen mit dem tödlichen HI-Virus, im Vorjahr waren es insgesamt vier. „Viele denken, das Thema ist erledigt, und hören und sehen nicht mehr hin“, glaubt Hortense Lademann: „Aber solange es keinen Impfstoff gibt, wird Aids weiter ein Thema bleiben und die Betroffenen weiter stigmatisiert.“
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