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Landeshauptstadt: Mit Jesus in Sydney

18-jährige Potsdamerin war unter 500 000 Pilgern: „Ein irres Gefühl. Alle denken gleich über Gott“

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Sie wirkt modisch und keck – und gar nicht streng gläubig. Als einziges Indiz hält das goldene Kreuz her, das um ihren Hals baumelt. Doch wenn Marie Naundorf über die Pilgermassen in Sydney redet oder über die Abendvigil mit dem Papst, dann beginnen ihre Augen zu leuchten.

Die 18-jährige Schülerin flog nach Australien, um am internationalen Weltjugendtag teilzunehmen. Sie ist eine der 16 Teilnehmer aus den Kirchgemeinden Potsdam-Babelsberg, Stahnsdorf, Kleinmachnow und Berlin-Zehlendorf, die die Chance nutzten, für drei Wochen den roten Kontinent zu erkunden. Ihren Bezug zur Kirche entwickelte Marie erst spät. Umso erstaunlicher, dass ihr Glaube so gefestigt ist. Die Potsdamerin, die selbst erst vor vier Monaten getauft wurde, ist sich sicher: „Keine Frage, meine Kinder werden auf jeden Fall getauft.“ Marie, die nicht katholisch aufwuchs, entdeckte den Glauben vor fünf Jahren. Da besuchte sie einen Ostergottesdienst und verstand nur wenig. Sie begann, die Bibel zu lesen, betete immer öfter. Mittlerweile ist Marie überzeugt. „Ohne die Kirche fehlt mir etwas. Das war auch früher so, ich konnte es nur nicht einordnen.“

Der Weltjugendtag bot Gelegenheit, Pilger aus aller Welt zu treffen. Marie zögerte nicht lange. „Am 11. Juli flogen wir los. Zehn Tage Sydney, danach zehn Tage in Cairns.“ Drei Wochen Australien, ein teures Unterfangen. Denkt man. Doch die Pilger schliefen auf Campingplätzen oder in Gastfamilien und berappten dafür nicht mehr als 2000 Euro. „Vieles wurde durch in der Kirche gesammelte Spenden finanziert“, lenkt Marie ein. Dass die Summe für viele Gläubige schwer aufzubringen war, zeigen handfeste Zahlen. Mit weniger als einer halben Million Pilger weist der Weltjugendtag 2008 nach 1985 die wenigsten Teilnehmer auf. Für Marie war es das Highlight ihres Lebens. „Das ist ein irres Gefühl. Du und 500 000 Menschen, und alle denken das Gleiche von Gott. Ich habe richtig die Verbindung gespürt.“

Am 17. Juli kam Papst Benedikt XVI. im Hafen von Sydney an. Marie stand in der ersten Reihe, vier Stunden lang. „Auf einmal hörte man ganz Sydney brüllen. Wir wussten, jetzt passiert etwas.“ Dann fuhr der Papst in seinem Papamobil an ihr vorbei. Vier Stunden zu drei Sekunden. Doch das Gemeinschaftsgefühl machte für Marie alles wett. Am nächsten Tag brandmarkte sich das nächste Ereignis in ihren Kopf. „In Sydney wurde der Kreuzweg nachgestellt. Ich stand mit etwa 200 000 Pilgern an der letzten Station. Als die Kreuzigung begann, trat Totenstille ein. Fast alle Zuschauer haben geweint. Ich auch.“ Die Teilnehmer schliefen eine Nacht auf der Pferderennbahn „Randwick Racecourse“. „Kopf an Kopf“. Marie lächelt, wenn sie zurückdenkt. „In Australien ist ja Winterzeit, wir hatten etwa acht Grad. Da war es fast angenehm, dass wir so dicht lagen.“ Die folgenden zehn Tage in Cairns waren der totale Gegensatz. Tropische Temperaturen, tauchen im Great Barrier Reef, Känguruhfleisch grillen. Marie steckt ihren Kopf in viele Welten. Aber ihren Platz hat sie schon gefunden. Gedankenverloren spielt sie mit dem goldenen Kreuz um ihren Hals. „Auf dem nächsten Weltjugendtag in Madrid bin ich natürlich dabei. Der christliche Glaube ist schon was Tolles.“ M. Herwig

M. Herwig

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