zum Hauptinhalt

Landeshauptstadt: Mit märkischem Beifuß gegen Malaria

Die Berlin Pharma AG konkretisiert ihre Pläne in Golm / Zusammenarbeit mit Institut aus Rehbrücke

Stand:

Golm - „Wir gehen nicht nach Rumänien.“ Mit dieser Anspielung auf aktuelle Nokia-Pläne hat der Vorstandsvorsitzende der Berlin Pharma AG, Rudolf W. Schötteldreier, gestern gegenüber den PNN die Pläne seines Unternehmens bekräftigt, in Potsdam-Golm die Produktion eines Anti-Malaria-Mittels aufzunehmen. Die Pilotproduktion für das Mittel „ARTiMiST“ im Innovationszentrum GoIn werde in der zweiten Jahreshälfte 2008 beginnen, erläuterte Ottmar W. Geiger, Geschäftsführer der Berlin Pharma AG.

Für die Hauptproduktion von 90 bis 100 Millionen ARTiMiST-Dosen im Jahr werde das Start-up-Unternehmen in Golm einen Neubau errichten. Alternativ dazu werden nach Angaben von Schötteldreier gegenwärtig Verhandlungen mit Vertretern Hasso Plattners darüber geführt, ob „verfügbaren Lokalitäten“ in Golm für die Unterbringung von Produktions- und Laborkapazitäten genutzt werden können. Geiger zufolge werde die Herstellung des Medikaments hochgradig automatisiert erfolgen; 40 Arbeitsplätze seien in der Startphase geplant. Die Aufnahme der Hauptproduktion könne sich laut Geiger „bis ins nächste Jahr hinziehen“.

Der Wirkstoff des Anti-Malaria-Mittels „ARTiMiST“ stammt den Angaben zufolge aus dem einjährigen Beifuß (Artemisia annua), zu unterscheiden vom Gemeinen Beifuß (Artemisia vulgaris). In den USA gibt es auch Versuche, den Wirkstoff biotechnologisch mit Hilfe von Bakterien herzustellen.

Die Innovation der Berlin Pharma AG liegt nach Aussage von Schötteldreier und Geiger in der Gabe des Medikaments per Aerosolspray. So werde der Wirkstoff insbesondere von Kindern besser aufgenommen als in der Darreichung in Tablettenform. Wie Schötteldreier erklärte, sterben täglich etwa 3000 Kinder insbesondere in Afrika und Asien an Malaria. „Wir hoffen, ein Gutteil von ihnen retten zu können“, so Schötteldreier. Internationale Hilfsorganisationen stünden vor der Tür „und warten, dass das Medikament auf den Markt kommt“. Kenneth Kaunda, von 1964 bis 1991 erster Präsident Sambias, sei Projekt-Schirmherr.

Klinische Tests in Malaysia sind Schötteldreier zufolge erfolgreich abgeschlossen, nun beginne ab April 2008 in Südafrika eine „Multidosisstudie“, die Basis sei für „eine temporäre Lizenz“ in Südafrika. Die Berlin Pharma AG, die laut Schötteldreier und Geiger noch in diesem Jahr an die Börse gehen will, habe das Ziel, sich von Rohstoff-Zukäufen unabhängig zu machen. Daher seien Beifuß-Pflanzungen auf brandenburgischen Konversionsflächen anvisiert. „Wir wollen die Versorgung unserer Produktion auf ein zweites Bein stellen“, so Vorstandschef Schötteldreier. Dafür gebe es eine Zusammenarbeit mit dem Institut für Getreideverarbeitung GmbH (IGV) in Rehbrücke und der Universität Greifswald. Das IGV Rehbrücke habe bereits in einem Forschungsprogramm von 2001 bis 2003 in Myanmar (Birma) Beifuß-Plantagen angebaut.

Auch in Deutschland, im Botanischen Garten der Freien Universität Berlin, wurde der Beifuß durch die IGV erfolgreich angebaut, erklärte Prof. Otto Pulz, stellvertretender IGV-Geschäftsführer, gestern den PNN. Allerdings wurden die Beifuß-Pflanzen in Gewächshäusern angebaut, wo das asiatische Klima nachgestellt wurde. Der Versuch eines Anbaus unter freiem brandenburgischen Himmel sei nun „Gegenstand unserer Zusammenarbeit“, so Prof. Pulz. Guido Berg

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })