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Landeshauptstadt: Mit Mut in die Lücke
Brandenburg legt neue Filmfinanzierung auf / ILB vergibt Kredite bis zu einer halben Million Euro
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Babelsberg - Wo Privatbanken häufig abwinken, will das Land Brandenburg künftig einspringen. Mit bis zu 500 000 Euro wollen sich die Investitionsbank des Landes (ILB) und die brandenburgische Landesregierung ab Mitte des Monats an ausgewählten Filmproduktionen beteiligen. Grundlage ist ein neues Darlehens-Programm, das bestehende Finanzierungslücken in der Filmbranche schließen und somit den Produktionsstandort Berlin-Brandenburg stärken soll.
Der Fonds für die sogenannte „Gap-Finanzierung“ ist mit insgesamt fünf Millionen Euro ausgestattet und soll drei Jahre laufen. „Das neue Finanzierungsangebot wird dazu beitragen, dass die deutsche Hauptstadtregion ihre Stellung als einer der führenden Medien- und Kreativstandorte Deutschlands behaupten und möglichst noch weiter ausbauen kann“, sagte Brandenburgs Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (Linke) gestern in Potsdam.
Angesprochen werden sollen mit dem Darlehen nach ILB-Angaben vor allem „mittelständische Produzenten der Region“. Voraussetzung für einen Kredit sei, dass wenigstens das Dreifache des ausgereichten Darlehens als Wertschöpfung in die Region fließe, also entsprechend Aufträge an Firmen in Berlin und Brandenburg vergeben würden, erläuterte gestern Kristian Kreyes, Bereichsleiter Medien und Technologie bei der ILB. Vorgesehen seien Kredite von mindestens 100 000 Euro bis maximal 500 000 Euro. Bei Kosten von durchschnittlich fünf bis zehn Millionen Euro pro Film könnte die „Gap“-Finanzierung somit bis zu zehn Prozent ausmachen, sagte Kreyes weiter. Der Rückfluss der Darlehen werde vom oft schwer einschätzbaren Marktpotenzial der Streifen abhängen. Es gehe quasi um die Vorfinanzierung freier Verwertungsrechte, sagte Kreyes und nannte als Beispiel den DVD-Absatz. Im Erfolgsfall erwartet das Land eine Gewinnbeteiligung, ohne diese festzuschreiben. Sie soll helfen, mögliche Verluste auszugleichen.
Obwohl auch Berliner Firmen durch Aufträge während der Produktion von dem Finanzierungsprogramm profitieren könnten, ist das Land Berlin an der Gap-Finanzierung bislang nicht beteiligt. Nach der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus am 18. September solle über eine mögliche Beteiligung aber gesprochen werden, teilte Christoffers mit.
Die Notwendigkeit, in die Finanzierung von Filmproduktionen einzusteigen, ergibt sich aus Sicht des Wirtschaftsministers aus dem „Marktversagen“ klassischer Geschäftsbanken, wenn es um eine Risikofinanzierung gehe. Aus Angst vor Verlusten würden sich diese häufig scheuen, entsprechende Kredite auszureichen. Die Nachfrage nach einer „Lückenfinanzierung“ sei deshalb groß und schon jetzt gebe es erste Anfragen und Gespräche, meinte Christoffers. Kreyes zufolge reicht das Budget von zunächst fünf Millionen Euro für vielleicht fünf bis sechs Produktionsbeteiligungen jährlich.
An der Gefahr, dass ein Film floppt, ändert freilich auch die Beteiligung der ILB und des Landes Brandenburg nichts. Um die Ausfallquote möglichst gering zu halten, sollen bei der Auswahl der Projekte Filmexperten der ILB und der regionalen Fördergesellschaft Medienboard Berlin-Brandenburg eng zusammenarbeiten. „Wir als Bankmenschen können alleine nicht völlig abschätzen, wie hoch das Vermarktungspotenzial eines Films sein wird. Zumal wir ihn zu diesem Zeitpunkt ja noch nicht gesehen haben“, begründete ILB-Medienfachmann Kristian Kreyes.
Indes verfügt die Investitionsbank mittlerweile selbst über einige Erfahrung bei der Beurteilung von Film- und Fernsehproduktionen. Seit rund fünf Jahren überbrückt das Land Brandenburg mit einem Programm zur Zwischenfinanzierung bei bereits ausfinanzierten Vorhaben die Lücke zwischen Produktionsstart und den Zahlungseingängen der Geldgeber. Hier seien bisher für 120 Filme rund 70 Millionen Euro verlustfrei ausgereicht worden, berichtete Kreyes gestern. Von 2008 bis 2010 habe sich die Zahl dieser regulären Filmfinanzierungen verdreifacht. Anders als bei der neuartigen Lückenfinanzierung handle es sich hier jedoch um klassische Bankdarlehen auch für Fernsehproduktionen, wobei die Landesinvestitionsbank nicht ins Risiko gehe. So sei etwa derzeit mit ihrer Hilfe die jüngste „Tatort“-Folge des RBB entstanden, und in der Vergangenheit der Film „Pina“ von Wim Wenders über die Tänzerin Pina Bausch unterstützt worden.
Die Expertise der ILB-Filmförderer ist seit Langem auch in Berlin bekannt: So bewertet laut Kreyes ein vierköpfiges Team seiner Abteilung im Auftrag des Deutschen Filmförderfonds (DFFF) die Produktionen, die Geld über den Fonds beantragen. Über den DFFF des Bundes sind seit Anfang 2007 rund 178 Millionen Euro in Filmproduktionen geflossen, viele wurden im Studio Babelsberg realisiert. Auch für die neueste Großproduktion, den „Wolkenatlas“ der Regisseure Larry und Lana Wachowski sowie Tom Tykwer mit Tom Hanks in der Hauptrolle, der ab September gedreht werden soll, hat die ILB ein Finanzierungspaket geschnürt. (mit SCH)
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