
© M. Thomas
Landeshauptstadt: Mit Schlicker und Nudelholz
Ferienkinder bauen die Häuser ihrer Heimatstadt – ein Angebot der Keramikwerkstatt im Treffpunkt Freizeit
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Es sieht aus wie in einer Backstube. Am großen Tisch wird mit Nudelholz und allerlei Besteck hantiert, das man eher in einer Küche oder chirurgischen Praxis vermuten würde, Messer, Lanzette, Pinsel. Doch in dieser Werkstatt im Treffpunkt Freizeit wird weder gebacken noch seziert: Hier werden Häuser gebaut. Die Kinder sind Teilnehmer der Ferienwerkstatt „Potsdamer Häuser aus Ton“, und in der Keramikwerkstatt von Barbara Illmer entstehen in den drei Tagen, Montag bis Mittwoch, Miniaturen Potsdamer Baugeschichte.
„Es geht weniger darum, stilecht Gebäude nachzubauen, sondern auf die Schönheit der damaligen Fassaden hinzuweisen“, sagt die Keramikerin. Jedes der fünf Kinder hat sich am ersten Tag ein reales Haus aus dem Potsdamer Stadtbild ausgesucht, um es dann aus Ton nachzubauen. Die fünf sahen sich mit Barbara Illmer ein paar Häuser in der Behlertstraße an, blätterten in Stadtführern. Gern hätte Gustav, acht Jahre alt, das Stadthaus gebaut, „weil dort mein Papa arbeitet“, aber das war dann doch zu groß und zu kompliziert.
Was er jetzt vorhat, ist auch nicht so einfach, wie er anfangs dachte: Sein Holländerhaus ist Dienstagmittag an dem typischen gebogenen Giebel schon zu erkennen. Im Urlaub sei er schon einmal in einem Holländerhaus gewesen, sagt er, hier in Potsdam noch nicht.
Potsdamer sind sie aber alle, sagen die Kinder, manche sogar „geborene Potsdamer“, wie sie betonen. Mit den alten Häusern allgemein und ihrer eigenen Stadt ist das dennoch so eine Sache. Leahs Tante wohnt auf dem Dorf in einem „wunderschönen alten Haus“, schwärmt die Achtjährige, sie selbst in Potsdam in einem „ziemlich langen, weißen Haus“. „Das ist bestimmt ein Neubaublock“, vermutet Barbara Illmer. Fynn und Jann meinen, das Haus, in dem sie wohnen, sei eher alt, und Yannick sagt, sein Haus zu beschreiben, das sei gar nicht so einfach.
Jetzt aber müssen sie, wollen sie selbst Baumeister sein. Am Dienstag stehen schon einige Mauern, werden noch die restlichen Grundmauern angesetzt, Ton zu Platten verdichtet und ausgerollt, dann vermessen und zurechtgeschnitten. Passt alles, kann es zusammengesetzt werden, mit genügend Schlicker, Ton-Pampe aus dem Glas, die alles zusammenhält.
Neben Gustavs Holländerhaus sollen barocke und klassizistische Häuser entstehen. Vorbilder finden sie auch direkt vor dem Fenster des Treffpunkt Freizeit in der Behlertstraße, ein kleines, weißes Haus finden sie besonders schön. Das baut Leah, Yannick mit einigen Abwandlungen, einem runden Türsturz und zusätzlichen Fensterverzierungen. In ihren Bauzeichnungen ist zu erkennen, wie es einmal aussehen soll. Ab und zu hilft Barbara Illmer weiter. Beim Haus gegenüber wird die Dreieckform eines Giebels abgeschaut. Dann muss selbst in den Ferien gerechnet werden, um ein Maß herauszubekommen. „Wie viel ist die Hälfte von 13?“, fragt Illmer die Jungs. Doch Ton ist glücklicherweise ein sehr geduldiges Material, er verzeiht Rechenfehler oder wenn Yannick die Giebelwand an der Mittellinie kurzerhand zerschneidet. „Musst du eben wieder zusammenschlickern“, sagt Illmer lachend.
Am Ende stehen die Rohbauten, noch ohne Fenster – aber die werden am heutigen Mittwoch in die Wände geschnitten, dann kommt das Dach drauf und die Farbe. Nach dem Trocknen werden die Häuser bei 900 Grad gebrannt und können abgeholt werden.
Was man mit so einem Schmuckstück zu Hause macht? „Bewundern“, sagt Yannick spontan und voller Inbrunst. Leah, sehr pragmatisch, weiß zumindest schon, dass sie es nicht verschenken wird. Sie will das Haus behalten, „es war ja so viel Arbeit“. Steffi Pyanoe
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