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Von Kay Grimmer: Mit stoischer Ruhe durchs Chaos

Umherirrende Fahrgäste und ahnungslose Busfahrer – aber keine Aufregung wegen der Tramnetzsperrung

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Innenstadt – Stehen, um weiterzukommen, stehen, um sich zu orientieren. Stehen ist das Motto aller, die derzeit in der Innenstadt unterwegs sind – ob mit dem eigenen Auto, mit Fahrrad, zu Fuß oder gar mit Bus oder Bahn. Seit Sonntag gibt es die wohl großangelegteste Streckenstilllegung im Potsdamer Tramverkehr. Zwischen Hauptbahnhof und Platz der Einheit wird gebaut, das Netz ist in einen Nord- und einen Südverkehr geteilt. Dazwischen pendeln Ersatzbusse. Für 14 Tage ist für Tramnutzer Umsteigen angesagt, dann soll mit Schulbeginn die Straßenbahn auf neuer Trasse fahren.

Die Betroffenen – und das ist nahezu jeder, der durch Potsdam will – nehmen die neuerliche Verkehrsnotsituation größtenteils stoisch hin. Die Umsteigewege im Nahverkehr sind allerdings irritierend, außer den Bauplakaten an den Haltestellen fehlen weitere Hinweise. „Nirgendwo steht, wo ich aussteigen muss, um zur Glienicker Brücke zu kommen“, beschwert sich ein Fahrgast. Doch das Gros sucht schweigend nach den richtigen Bussen und Bahnen. Insbesondere am Platz der Einheit, an dem drei unterschiedliche Haltestellen für die Richtungen Kirschallee, Bahnhof Pirschheide, Babelsberg und Glienicker Brücke sind, fehlen Orientierungshilfen. Fahrer und Servicepersonal werden mit Fragen überschüttet. Der Potsdamer Verkehrsbetrieb (ViP) hat für den Ersatzverkehr 15 Busse samt Fahrer von Havelbus bestellt – die kommen vor allem aus dem Umland. Nicht jeder der Fahrer kennt die Umsteigesituation. Auf die Frage, wie sie zur Kurfürstenstraße komme, erhält eine Touristin von einer Ersatzbus-Fahrerin am Hauptbahnhof die lapidare Antwort: „Ich bin nicht von hier.“ Fahrgäste helfen weiter. Für das Mehr an Information sind zehn zusätzliche Servicekräfte im Einsatz, die der Verkehrsbetrieb beim Bildungsträger „Kammer der Technik“ geordert hat. An Haltestellen und in Fahrzeugen sollen sie weiterhelfen – doch sie können nicht überall sein.

Mit der Netztrennung in zwei separate Bereiche könnten auch die kommenden Nächte für Anwohner an der Endhaltestelle Glienicker Brücke etwas unruhiger werden. „Um Wartungsarbeiten an den Bahnen im Nordnetz zu gewährleisten, mussten wir dort eine mobile Werkstatt einrichten“, so ViP-Pressesprecher Stefan Klotz. Das Tramdepot in der Fritz-Zubeil-Straße können derzeit nur Bahnen im Südnetz erreichen. Die Werkstatt an der Glienicker Brücke arbeite auch in den Abend- und Nachtstunden, wofür es laut Klotz die Genehmigung des Landesumweltamtes gebe, die Polizei sei ebenfalls informiert. Die Anwohner bittet der Pressesprecher „um Verständnis“.

Nicht unbedingt Verständnis, aber Einsicht in die Unabänderlichkeit der Lage scheinen Potsdams Autofahrer zu zeigen. Die Polizei konstatiert „keine spektakulären Vorkommnisse“. Die Lage sei „ruhig und sehr entspannt gewesen“, so Polizei-Pressesprecherin Diane Jende. Auch am Nadelöhr Lange Brücke – je Fahrtrichtung gibt es lediglich eine Spur, die neben dem Individual- und Linienverkehr nun auch noch die Tram- Ersatzbusse passieren müssen – gibt es keine nennenswerten Komplikationen über das schon übliche Staumaß hinaus. Nur als am Vormittag ein Unfall ausgerechnet mit einem der Schienenersatzverkehrsbusse passiert, spitzt sich die Lage kurzzeitig zu. Beamte der Kradpolizei springen allerdings ein, um den Verkehr per Hand zu regeln.

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