
© A. Klaer
Von Jan Kixmüller: Mit viel Schwung
Nach nur fünf Monaten wurde am Plattner-Campus bereits Richtfest für den Erweiterungsbau gefeiert
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Alles eine Frage des Schwungs. In gerade mal fünf Monaten haben die Baufirmen am Uni-Campus Griebnitzsee einen beachtlichen Rohbau hochgezogen. Im Februar noch standen die Gäste zur Grundsteinlegung des Erweiterungsbaus in dicken Mänteln hinter dem Hauptgebäude des Hasso-Plattner- Instituts für Softwaresystemtechnik (HPI), gestern nun suchten die Besucher des Richtfests bereits in dem elegant geschwungenen Baukörper Zuflucht vor dem Sommerregen.
Erweiterungsbau klingt viel zu klein für das architektonische Gesamtkunstwerk, das derzeit zwischen S-Bahn- und Regionalbahngleisen in Babelsberg entsteht. Der Bau wird den Uni-Campus Richtung Berlin abschließen. Aus der Luft gesehen ähnelt er frappierend dem bumerangförmigen Markenzeichen einer bekannten Sportmarke. Vom Boden aus betritt man ein himmelhohes Vestibül, das sich nach oben als Lichthof öffnet.
Der Stifter des HPI, SAP-Mitbegründer Hasso Plattner, hat selbst unwillentlich mit für den Schwung gesorgt. Eigentlich hätte ihm ein quadratischer Kubus in Anlehnung der anderen HPI-Bauten gereicht. Doch als es darum ging, die altehrwürdige hohe Kastanie zu versetzten, sei Plattner knurrig geworden. „Jetzt kann dem Baum nichts mehr passieren“, sagte Plattner gestern zum Richtfest. Der Neubau schlägt einen respektvollen Boden um die Kastanie.
Von den 25 Millionen Euro Baukosten trägt der HPI-Stifter selbst 16 Millionen, die restlichen neun Millionen kommen vom Land Brandenburg. Mittlerweile hat Wissenschafts-Mäzen Plattner bereits über 200 Millionen Euro in das Institut für Softwaresystemtechnik gesteckt, das als An-Institut in die Potsdamer Universität integriert ist. Nun entstehen noch einmal 3800 Quadratmeter Nutzfläche, 100 Räume, unter anderem für die Forschung, Nachwuchswissenschaftler und Teile der School of Design Thinking, die sich zusammen mit ihrer Schwesterschule in Stanford dem erfinderischen Entwickeln widmet. Am HPI werden derzeit rund 450 Software-Ingenieure von 50 Professoren und Dozenten ausgebildet.
Doch es war nicht nur der Baum, der Schwung in den Bau brachte. Hasso Plattner erzählte gestern – etwas heiser von vier Tagen Vorlesungsmarathon –, dass er aus Stanford eine wichtige Erkenntnis mitgebracht habe. Eine freie, luftige und schwungvolle Bauweise fördere ein Gefühl des Zusammenhangs zwischen den einzelnen Gruppen im Institut. Vorbei die Zeiten, in denen sich die Mitarbeiter durch dunkle Gänge in ihr finsteres Kabuff zurückgezogen hätten. Die luftige Bauweise sorge nun für einen freien Geist. Wichtig für Menschen, die kreativ arbeiten sollen. Nur gefördert worden sei diese großzügige Bauweise von der öffentlichen Hand selbstverständlich nicht. Dafür übernahm Plattner den Löwenanteil der Baukosten selbst.
Letztlich sind die schwungvollen Rundungen des Erweiterungsbaus vor allem aber auch dem Architekten Mark Braun geschuldet. Der im vergangenen Jahr mit nur 46 Jahren an Krebs verstorbene Berliner Architekt hatte sich als rechte Hand von Norman Foster beim Bau der gläsernen Reichstagskuppel einen Namen gemacht. Der Plattner-Bogen zählt mit zu seinen letzten Arbeiten und zeigt deutliche Reminiszenzen an das ebenfalls von Braun entworfene „Spreedreieck“. Auch das gläserne Hochhaus an der Berliner Friedrichstraße fällt durch seine geschwungene Fassade auf.
Frei nach dem HPI-Credo „Don’t wait. Innovate“ wird der Neubau aber auch innenarchitektonische Besonderheiten bieten. So soll eine riesige Glasplatte in den Boden eingelassen werden – als interaktiver Fußboden. Für unkonventionelle Ideen brauche es eben Freiräume, betonte HPI-Direktor Christoph Meinel. Freiräume, die das neue Haus ausreichend bieten soll. Nichts und niemand werde eingezwängt, so Plattner. „Schließlich sind die fünf Jahre ihres Studiums die einzige Zeit, in der sie ein wenig frei sind“, gab der HPI-Stifter den angehenden Software-Ingenieuren mit auf den Weg.
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