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Sport: Mit Vollgas gegen jeden
Das OSC-Cyclingteam fährt mit dem Trend und legt den sportlichen Fokus auf Jedermann-Rennen
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Erst vor wenigen Tagen erlebte die Welt des Radsports das größte Rennen, an dem jeder mitmachen konnte – vorausgesetzt, er hatte einen Startplatz bekommen. 35 000 Teilnehmer starteten in Südafrika in der Nähe von Kapstadt beim Jedermann-Rennen. Mitmachen darf bei Rennen dieser Art – wie es der Name sagt – jeder. Ansonsten braucht es für die Teilnahme an organisierten Radrennen, egal ob als Amateur oder Profi, eine Lizenz des jeweils nationalen Radsportverbandes. Doch braucht es nicht mehr zwingend nur lizensierte Rennen, um sportlich wettzueifern. Der sportliche Wert der Jedermann-Rennen ist inzwischen so hoch, dass eigens dafür gegründete Teams an den Start gehen – so auch das Cyclingteam des OSC Potsdam.
Als vor etwa 20 Jahren die ersten Jedermann-Rennen stattfanden, waren diese als Rahmenprogramm für die Eliterennen gedacht. Diesen Charakter hatte auch das vor zwei Jahren wegen wirtschaftlicher Zwänge eingestellte „Rund in Babelsberg“. Teilnehmen sollten Hobbysportler, Jugendliche, die sich ausprobieren wollen, und der Papa, der seinen Söhnen zeigen wollte, dass er auf dem Mountainbike noch fit ist. Zu den beiden bekanntesten deutschen Jedermann-Rennen gehören heute der Velothon in Berlin und die Cyclassics in Hamburg.
„In der Spitze hat sich der Wettkampfcharakter der Jedermann-Rennen immer stärker ausgeprägt“, sagt der Radsport-Experte Wolfgang Preß, der die Szene unter anderem auf der Internetplattform radsport-aktiv.de verfolgt und kommentiert. Eine Entwicklung, die auch Andreas Koch, sportlicher Leiter der Abteilung Radsport beim OSC Potsdam, verfolgt. Es seien zunehmend Fahrer am Start, die ambitioniert trainieren, aber bei den Eliterennen keine Chance hätten, beschreibt Koch die neue Jedermann-Szene in Deutschland. „Der normale Freizeitsportler hat damit quasi keine Chance mehr, ein Jedermann-Rennen zu gewinnen.“
Die vom Münchner Radsport-Fachmann Preß beschrieben Entwicklung, dass für Erfolge bei Jedermann-Rennen gesponserte Teams gebildet werden, die sich in Trainingslagern intensiv auf die Rennsaison vorbereiten, machte auch vor Potsdam nicht halt: Der OSC bildete 2011 ein eigenes OSC-Cyclingteam, das in dieser Saison in der Jedermann-Wertung richtig durchstarten will. Die OSC-Rennfahrer trainieren bis zu fünfmal in der Woche und nehmen ausschließlich an Jedermann-Rennen teil. „Darauf liegt unser Augenmerk in dieser Saison“, sagt Koch. In der Jedermann-Kategorie will das OSC-Cyclingteam in diesem Jahr um eine Podiumsplatzierung im Deutschland-Cup mitfahren, der Gesamtwertung aller Jedermann-Rennen in Deutschland.
21 Athleten fahren in dieser Saison für das OSC-Cyclingteam. Mit Denny Schewe und Fabian Pohl konnten unter anderen zwei ehemalige Profi-Radfahrer für die Jedermann-Saison gewonnen werden. Pohl wurde in der vergangenen Saison Dritter in der Gesamtwertung des Deutschland-Cups. Dass der OSC eine entscheidende Rolle bei der Titelvergabe mitspielen kann, zeigte sich bereits am vergangenen Wochenende in Groß Dölln: OSC-Neuzugang Schewe gewann vor seinen beiden Teamkollegen Fabian Pohl und Tim Starker das Jedermann-Rennen. „Das war ein Auftakt nach Maß“, so Koch. Ein weiterer Erfolgsgarant könnte der Crossradfahrer Steven Schreiber für den OSC werden. Der 17-Jährige wurde im Januar Vizemeister bei den Deutschen Meisterschaften und 44. von 58 Startern bei den Junioren-Cross-Weltmeisterschaften. In der vergangenen Straßensaison belegte er den dritten Rang beim Märkisch-Oderland-Cup. Gewonnen hat die Jedermann-Rennserie, die seit 2008 in Berlin und Brandenburg ausgetragen wird, Fabian Pohl. Sie besteht in dieser Saison aus zwölf Rennen. Das OSC-Cyclingteam hat den Gewinn dieser Cup-Serie ebenfalls zum Saisonziel erklärt.
Vorbereitet hat sich das Team auf die Saison in einem zwölftägigen Trainingslager auf Mallorca. „Das war eine super Vorbereitung für die Jungs. Sie haben wahnsinnig viel trainiert und sind bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 35 km/h bis zu 160 Kilometer am Tag gefahren“, erzählt Koch. In Potsdam trainiert das Team nun wieder vier- bis fünfmal in der Woche. Ab und an mischt sich dann auch Ex-Profi Robert Bartko unter die Trainingsgruppe. „Er ist bei uns im Verein Mitglied und fährt sonntags ab und an mal mit den Jungs mit“, berichtet Koch, der seit Jahren mit dem mehrfachen Olympiasieger im Bahnradfahren gut befreundet ist. Lizenzfahrer können bei Jedermann-Rennen mitfahren – „das sagt ja schon der Name der Rennen“, sagt Fachjournalist Preß. Zahlreiche Veranstalter würden aus Image- und Werbezwecken daher auch Profis verpflichten, um ihre Rennen aufzuwerten und für Sponsoren interessant zu machen. „Aber in der Regel halten die sich dann zurück“, meint Preß. Auch würden einige Veranstalter nur Inhabern der C-Lizenz – der sportlich niedrigsten Amateurstufe – die Mitfahrt in einem Jedermann-Rennen erlauben. Bartko, der vor wenigen Wochen seine Profi-Karriere beendet hat, könnte demnach theoretisch bei Jedermann-Rennen starten. „Ich weiß aber, dass er das nicht will“, so Koch.
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