
© Manfred Thomas
Von Michael Meyer: Mittag-Freistoß zum Genießen
Turbine Potsdam zeigt sich mit einem 3:0 gegen Bayern München gerüstet für das Spitzenspiel in Frankfurt
Stand:
Dieses Tor war zum Genießen. Einen Freistoß von halbrechts zirkelte Anja Mittag am Sonntag kurz vor Mittag mit dem linken Fuß hoch in den linken Dreiangel des gegnerischen Tores. Der Deutsche Frauenfußball-Meister Turbine Potsdam führte daraufhin mit 1:0 gegen den FC Bayern München (32.), gewann am Ende mit 3:0 (2:0) und bleibt so vor dem Spitzenspiel am kommenden Sonntag beim unmittelbaren Verfolger FFC Frankfurt Tabellenführer der Bundesliga. Kurz vorm Halbzeitpfiff erhöhte Mittag vor 1520 Zuschauern mit ihrem zehnten Saisontor auf 2:0, als sie nach einem Freistoß Fatmire Bajramajs von rechts das Leder aus Nahdistanz in die kurze rechte Ecke spitzelte (45.). Und schließlich belohnte sich die gestern wieder sehr agile Bajramaj selbst mit dem 3:0, als sie nach schönem Zuspiel von Jennifer Zietz allein in den Münchner Strafraum zog, noch Bayern-Torfrau Kathrin Längert ausspielte und locker einnetzte (86.).
„Potsdam ist momentan in einer Liga unterwegs, in der wir uns nicht bewegen“, applaudierte später sogar Bayern-Trainer Thomas Wörle, dessen Team gestern so viele Tore kassierte wie bis dahin in allen Auswärtsspielen zusammen. „Wie Turbine körperlich und spielerisch dominant ist, ist erstaunlich. Da können wir uns viel abschauen.“ Das betraf vor allem die erste Halbzeit, in der der Spitzenreiter manch schönen Spielzug zeigte, ohne daraus zunächst Kapital schlagen zu können. Als Sarah Puntigam aber ein Handspiel unterlief und Anja Mittag den anschließenden Freistoß zum 1:0 versenkte, war der Bann gebrochen.
Bajramaj, Zietz und Mittag legten sich das Leder zurecht und berieten, ehe Letztere Anlauf nahm und Längert keine Chance ließ. „So etwas entscheiden wir meist spontan“, sagte Anja Mittag später dazu. „Ich habe mich einfach gut gefühlt und gesagt, dass ich schieße, denn der Ball lag gut für einen Linksschuss.“ Ihr seien bisher erst zwei oder drei solcher Freistoßtreffer gelungen, meinte die Nationalspielerin, die gestern vorm 1:0 schon fünf Torchancen hatte (2., 9., 14., 18., 19.). „Unsere heutigen drei Punkte“, so Mittag weiter, „waren ganz wichtig, denn nun können wir beruhigter nach Frankfurt fahren.“
Auch in Halbzeit zwei war Potsdam spielbestimmend, zumal die eingewechselte Isabel Kerschowski für weitere Belebung auf dem Rasen sorgte. Mittag (47.), Bajramai (54., 70.), Kerschowski (55., 79.), Nadine Keßler (60., 74.) und Nagasato (62. Latte) hätten schon treffen können, ehe das 3:0 fiel. Bei der einzigen gefährlichen Situation auf der Gegenseite entschärfte Anna Felicitas Sarholz einen Clara-Schöne-Schuss von links im Klassestil (79.). „Leider waren nach der Pause viele sinnlose Pfiffe Gift für den Spielrhythmus beider Seiten. Die Schiedsrichter-Leistung ist heute hinter der Leistung beider Mannschaften zurückgeblieben“, meinte später Turbine-Trainer Bernd Schröder, der überraschend Tabea Kemme auf die rechte Abwehrseite und Bianca Schmidt auf die linke Außenbahn beordert hatte. „Wir haben das heute schonmal für das Spiel in Frankfurt probiert, wo Kerstin Garefrekes über diese Seite kommen wird“, begründete der Coach die Schmidt-Position. Und befand: „Wir sind für das Spitzenspiel am nächsten Sonntag gut gerüstet.“
Das glaubt auch Fatmire Bajramaj. „Dieses 3:0 war sehr wichtig vor Frankfurt“, erklärte die Nationalspielerin. Ihr Tor war nach eigenen Worten „eine Befreiung, da ich ja vorher schon hundertprozentige Chancen hatte.“ Zu ihrer Gelben Karte für Meckern (78.) meinte sie: „Ich bin eben ich – ein bisschen übertrieben temperamentvoll.“ Ab heute werden Bajramaj und vier Kolleginnen bis Wochenmitte ihrer Mannschaft im Training fehlen, denn als Sportsoldatinnen müssen sie, Zietz, Schmidt, Keßler und Babett Peter zu einem Bundeswehr-Lehrgang mit DFB-Co- Trainerin Ulrike Ballweg nach Warendorf. Potsdams Cheftrainer ist darüber alles andere als „amused“: „Wir kommen dadurch ausgerechnet jetzt aus dem Rhythmus, während aus Frankfurt nicht eine Spielerin in Warendorf dabei ist!“
Turbine: Sarholz; Kemme (46. I. Kerschowski), Peter, Henning; Odebrecht, Zietz, Keßler (85. Löwenberg), Schmidt; Nagasato, Mittag, Bajramaj.
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