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Opernprobe. Christoph Hampe mit Drewitzer Sechstklässlern.

© Andreas Klaer

Landeshauptstadt: Mobbing bei Mozart

Kammerakademie-Musiker öffnen Türen zur Klassik

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Drewitz - Mit dem Begriff Mobbing konnten die Sechstklässler etwas anfangen. Dass die Intrigen um den Grafen und Figaro nichts anderes sind, stellten sie im Deutsch- und Musikunterricht fest, als es um die Mozart-Oper ging. Seit Montag dieser Woche erarbeiten sich 16 Schüler der Priesterweg-Grundschule einen ganz eigenen Zugang zu der „Hochzeit des Figaro“. Die Projektwoche endet mit der Aufführung am Montagabend vor knapp 200 Zuschauern.

Ganz ohne Profis geht es deshalb nicht: Seit 2010 gehen Mitglieder der Kammerakademie regelmäßig an die Schulen, um die Kinder mit dem Genre Klassik bekannt zu machen, „Türen zu öffnen“, wie Projektleiter und Cellist Christoph Hampe hofft. Gemeinsam mit seinen Kollegen Benedikt Bindewald und Julita Forck, beide Geiger, versucht er, die kreative Energie der unruhigen Pre-Teenager-Truppe in geordnete Bahnen zu lenken. Die Projektwoche ist ein zusätzliches Angebot für besonders leistungsstarke, zum Teil hochbegabte Schüler – was nicht heißt, dass alles wie von selbst läuft. „Es ist harte Arbeit, für uns und für die Kinder“, sagt Hampe, „und trotz aller Bemühungen kann zum Schluss noch was schief gehen – aber das Risiko gehört zum Lernprozess.“

Ein Höhepunkt dieses Prozesses war der Besuch einer Probe der Potsdamer Winter-Oper „Le nozze de Figaro“ . Beeindruckt waren die Kinder schon allein vom Schlosstheater, und trotz später Stunde seien viele bis zum Ende der vierstündigen Vorstellung geblieben, erzählt Lehrerin Heike Lorenz.

Im Klassenraum finden sich Kleiderständer mit Kostümen, mobile Wandelemente und eine Flipchart-Tafel. Hier steht der Ablaufplan des Stückes „Der tolle Tag“, ein Stück, das es so gar nicht gibt und sich erst während der Arbeit entwickelt. Man könne sich das wie eine Kollage vorstellen, Bilder, die die Protagonisten der Oper und ihre Konflikte beschreiben. Musik kommt von einem Bläseroktett aus Kammerakademie-Mitgliedern und Schülern der städtischen Musikschule, zum Beispiel die Overtüre und die „unendlich traurige Arie der Gräfin“, so Hampe. Die habe die Kinder sehr berührt, tolle Ideen für das Stück wären daraus entstanden. Freilich wuselt am Donnerstag noch vieles durcheinander, muss Hampe auch mal laut werden. Jetzt die Wände aufstellen, gibt er Anleitungen, dann fasst er sich an den Kopf: „Wir haben die Kostüme vergessen!“ Alles von vorn, er muss einem Jungen komplizierte Manschettenknöpfe schließen, dann steht Mozart, ein Schüler, der später noch live Klavier spielen wird, mit Zopf-Perücke vor den imaginären Musikern und dirigiert mit Schmackes. Dass sei ein Glücksfall gewesen, einen wirklichen kleinen Pianisten in der Gruppe zu haben. Singen können natürlich alle, ein italienisches Lied wurde einstudiert, ebenso ein Fandango, und wie eine zünftige Verbeugung aussieht, wissen sie auch schon. „Jetzt noch mal huldigen“, gibt Hampe Anweisung, der Graf im vornehmen Brokatmantel steht schon bereit.

Jetzt müssen nur noch Texte gelernt werden, ein Brief von Mozart, Passagen aus dem Libretto und der Opernvorlage von Beaumarchais. Das laute und deutliche Sprechen fällt den meisten noch schwer, aber Hampe würde gern auf Mikrophone verzichten. „Die Kinder sollen sich komplett dem Publikum zuwenden und nicht in ein Mikro murmeln“, sagt er.

Bei all der Arbeit sei zu spüren, dass die Kinder stolz sind auf ihr Werk. Die letzte sechste Klasse hatte „ihre“ Kammermusiker sogar zum Abschlussfest eingeladen, um die Lieder noch einmal zu singen. Steffi Pyanoe

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