Landeshauptstadt: Mobilität für alle
„Zukunftsforum Mobilität“ – was Experten zu diesem Thema sagen
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Am Donnerstag findet im Alten Rathaus das „Zukunftsforum Mobilität“ statt. Ab 19 Uhr diskutieren Experten, Politiker und Bürger über die Rolle von öffentlichem Nahverkehr, Güterverkehr und Individualverkehr in einer modernen Gesellschaft. Landes- und Bundespolitiker, wie Katherina Reiche (CDU), Peter Danckert (SPD), Anita Tack (Linke), Martin Neumann (FDP) und Marie Luise von Halem (Bündnis 90/Grüne), werden dabei ihre Vorstellungen zu einer mobilen Gesellschaft erläutern. Die PNN baten im Vorfeld der vom Verband deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) initiierten Veranstaltung vier Verkehrsexperten um ihre Meinung zum Thema Mobilität heute und in der Zukunft.
ÖPNV STÄRKEN
Weniger Belastungen durch Verkehr und mehr Sicherheit auf den Straßen unterstützen das Ziel der Landeshauptstadt Potsdam, die Lebensqualität weiter zu steigern. Die Stärkung des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) als Rückgrat für Mobilität im Rahmen eines engmaschigen und flexiblen Verkehrsnetzes - das als Umweltverbund von ÖPNV, Fahrrad- und Fußgängerverkehr organisiert ist und eine attraktive Alternative zum bisher dominierenden Motorisierten Individualverkehr (MIV) bietet - bildet den zentralen Baustein für die Arbeit des Verkehrsbetriebs ViP, das Linien- und Fahrplankonzept Stadt + mit den Partnern in der Stadt weiterzuentwickeln. Der Potsdamer Nahverkehrsplan von 2007 ist eine Grundlage, um diese Ziele anzugehen. Seine Vorgaben: Hohe Mobilität für Bewohner und Besucher Potsdams ermöglichen, ohne dass sie auf ein eigenes Auto angewiesen sind; hohe Sicherheit und Gesundheit gewährleisten, das heißt, geringe Unfallgefährdung und verträgliche Lärm-, Feinstaub- und Abgasbelastungen unter Berücksichtigung der anspruchsvollen Ziele des Bundesimmissionsschutzgesetzes; eine Belebung der Innenstadt und der Stadtquartiere bei möglichst wenig Flächenverbrauch und möglichst geringen Investitions- und Betriebskosten. Die behindertengerechte Gestaltung der Verkehrsmittel und Haltestellen ist weiter zu erhöhen. Wir haben uns das Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2011 eine Veränderung des klassischen „Modal Split“ zugunsten der Verkehrsarten des Umweltverbundes als Verhältnis von Umweltverbund zu MIV von 67:33 zu erreichen.
Martin Weis, Geschäftsführer
ViP Verkehrsbetrieb Potsdam GmbH
ZIELE BEQUEM ERREICHEN
Potsdam verbindet die Metropolregion Berlin mit dem dicht besiedelten Umland und dem dünner besiedelten ländlichen Raum. Wie eng verknüpft die Region hier ist, zeigt sich besonders morgens und abends, wenn tausende Berufspendler mit dem Auto zu ihrem Arbeitsplatz fahren, weil sie flexibel und zeitlich unabhängig sein müssen. Die wie in Berlin sanierungsbedürftigen Straßen rund um Potsdam verbinden also Menschen wie Unternehmen und sind in wirtschaftliche Wertschöpfungsprozesse ebenso fest integriert wie in unseren Alltag. Nicht nur Berufspendler sind auf ihr Auto angewiesen. Auch Senioren wollen mobil bleiben und unabhängig ein selbstbestimmtes Leben führen. Wie die gesamte Gesellschaft wollen sie vom Straßenverkehr profitieren und ihren Hausarzt aufsuchen sowie Behördengänge und Einkäufe mit dem Auto erledigen. Deshalb brauchen Berufspendler wie Senioren moderate und faire Kraftstoffpreise und nicht immer weiter steigende Mobilitätskosten. Ob Berufspendler, Senioren oder Familien – als größter Mobilitätsdienstleister und Verbraucherschützer setzt der ADAC alle Hebel in Bewegung, damit Autofahrer in der Region Potsdam auch künftig ihr Ziel sicher, bequem und auf kurzen Wegen erreichen.
Eberhard Waldau, Vorstand für Verkehr
ADAC Berlin-Brandenburg
MEHR VERKEHRSSICHERHEIT
Die Sicherung von Mobilität für alle Menschen hat größte Bedeutung. Denn sie ist wesentliche Grundlage für Lebensqualität und persönliche Freiheit. Die weiter anwachsenden Belastungen für Menschen und Klima durch den Verkehr – unter anderem Lärm, CO2, Feinstaub, Erschütterungen, Flächenversiegelungen durch Verkehrsbauten – sind ein großes Problem und müssen spürbar reduziert werden. Und wir brauchen mehr Verkehrssicherheit für alle Verkehrsteilnehmer auf den Straßen. Das ist eine große Herausforderung und verlangt eine stärkere gesellschaftliche Akzeptanz für das Thema Verkehrssicherheit Dafür brauchen wir eine neue Verkehrs- und Sicherheitsstrategie. Statt punktueller Maßnahmen bedarf es eines umfassenden und abgestimmten Maßnahmebündels der Bereiche Bildung, Verkehr, Soziales, Umwelt sowie der Polizei, um das Unfallrisiko zu senken. Wir setzen auf Prävention statt Repression. Die Landesverkehrswacht bietet dafür geeignete Verkehrssicherheitsprojekte für alle Altersgruppen an. Die Stärkung des Umweltverbundes von ÖPNV, Fahrrad- und Fußgängerverkehr bietet eine attraktive Alternative zum dominierenden Motorisierten Individualverkehr (MIV) und muss im Zentrum der verkehrspolitischen Bemühungen des Landes genauso wie der Stadt Potsdam stehen.
Anita Tack (Linkspartei), Präsidentin der Landesverkehrswacht Brandenburg e.V.
GEGEN ÜBERREGULIERUNG
Mobilität für alle ist eine Grundvoraussetzung für eine attraktive Stadt. Bei allen Planungen muss der vorhandene Raum gleichberechtigt für alle Verkehrsteilnehmer berücksichtigt und barrierefrei gestaltet werden. Mobilität muss bezahlbar für alle sein. Wer nicht zu Fuß gehen oder das Rad benutzen kann, sollte beim Kauf eines Fahrscheines für den Nahverkehr nicht erschrecken. Die Straße ist keine Kampfzone, wo der Stärkere Vorfahrt hat, sondern wo gegenseitige Rücksichtnahme zählt. Anordnungen der Verwaltung für den Straßenverkehr müssen angemessen und sinnvoll sein. So viel Regelung wie nötig, so wenig wie möglich. Überregulierung macht unaufmerksam. Rad fahren ist für Potsdamer Verhältnisse die ideale Fortbewegungsart. Jeder, der vom Auto aufs Rad steigt, tut etwas für seine Gesundheit und für die Gesundheit der anderen. Je mehr Radfahrer unterwegs sind, um so sicherer sind die Straßen. Radfahrer gehören in der Regel auf die Straße und nicht auf den Fußweg. Visionen für die Mobilität der Zukunft: Das Holländische Viertel ohne parkende Autos, mit Tischen und Stühlen vor den Gaststätten. Jeder Bürger und Besucher kommt bequem und barrierefrei überall in Potsdam zu Fuß, per Rad, mit Rollstuhl und Kinderwagen an sein Ziel. Kinder können ihre Umwelt gefahrlos eigenständig erobern. me
Annette Kretschmann, Sprecherin der ADFC Ortsgruppe Potsdam des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC)
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