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Landeshauptstadt: Monopoly verboten

Eine Ausstellung des Deutschen Spielemuseums im Stern-Center zeigt alte DDR-Spiele

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Eine Ausstellung des Deutschen Spielemuseums im Stern-Center zeigt alte DDR-Spiele Die Musik passt: „Yesterday“ spielt die Blaskapelle im Stern-Center. Ach ja, gestern, damals – damals hat Elona Müller bei ihrer Oma immer mit dem Würfelpuzzle gespielt: „Meine Großmutter hatte beide, das große und das kleine, das große habe ich nie geschafft.“ Das Puzzle hat auch seine Tücken, auf jeder Würfelseite ist der Teil eines anderen Märchenmotivs. Dornröschen oder Schneewittchen? Bei der DDR-Spieleausstellung zum Mitmachen, die Müller gestern eröffnete, setzte die Sozialbeigeordnete die Würfel aber richtig zusammen. Die Spiele des Deutschen Spiele-Museums aus Chemnitz wecken ihre „Kindheitserinnerungen“. Nicht nur, weil es die meisten DDR-Spiele heute nicht mehr gibt, sondern weil unter den 111 gezeigten Stücken fast nur Kinderspiele sind. „Das liegt daran, dass bis auf die traditionellen Spiele wie etwa Halma, die DDR-Betriebe keine Spiele für Erwachsene produzierten“, erklärt Kurator Peter Lemcke: „Komplexe Spiele hat im Realsozialismus niemand entwickelt.“ Während im Westen die Spielehersteller den Trends wie Monopoly folgen konnten, war das Spiel in der DDR verboten. „Reglementierungen und Verstaatlichung ließen Eigeninitiativen der Ostbetriebe versickern“, so Lemcke. Die Konzentration auf das Kinderspiel sei auch das „Handycap“ der Betriebe nach der Wende gewesen. Einige haben es trotzdem geschafft: Firma Anker in Rudolphstadt mit ihren Holzklötzen zum Beispiel. Auch das Angelspiel hat überlebt: Wer die meisten Plastik-Fische aus einem faltbaren Pappaquarium zieht, hat gewonnen. Wer in der DDR groß geworden ist, erinnert sich noch an die „Max und Moritz“-Variante. Oder an das Hammerspiel, das wieder in den Läden steht: Jedes Kindergartenkind hat es gespielt – auf eine Pinnwand bunte Holzdreiecke und Quadrate zu Figuren zusammenlegen, mit Nägelchen fixieren und dann mit einem kleinen Hammer festklopfen. Ein Comeback hatte „Der bunte Würfel“ des Pleite gegangenen Spika-Kombinats aus Karl-Marx-Stadt. Die Fürther Firma „Noris“ stellt das Brettspiel heute her. Zu verdanken sei das einem „Noris-Spielevertreter aus dem Osten“, erzählt Lemcke: „Der wollte das Spiel wieder haben, weil so viele seiner Kunden ihn danach gefragt hatten.“ Anfangs extra für den Osten produziert, steht es mittlerweile auch in westdeutschen Ladenregalen. Nach dem wiederbelebten Spiel hat Lemcke seine Schau „Der bunte Würfel“ genannt. Zu Eröffnung der Wanderausstellung in Chemnitz kam auch die heute 83-jährige Erfinderin des Spiels, das ähnlich wie „Mensch ärgere Dich nicht“ funktioniert – nur dass auf dem Würfel statt Zahlen bunte Symbole sind. Pilze und Blumen zum Beispiel. Marianne Drechsel hatte ihn 1962 entworfen. Katja guckt sich die Spiele mit ihrer Mama und den Freundinnen an. Einige der Spiele kennt sie sogar, „meine Oma hat die“, sagt das Mädchen. Den „bunten Würfel“ findet sie allerdings „ganz schön langweilig“. Das Würfelpuzzle ist schon eher ihr Ding. Und so rätselt sie mit ihren Freundinnen, auf welchem Würfel sie das fehlende Stück Nase von Frau Holle finden. Bis zum 9. Juli können Besucher im Stern-Center durch 40 Jahre Ost-Spielekultur wandeln, mitspielen und sich erinnern an die Nachmittage bei Oma.

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