Landeshauptstadt: Morgen ist er Weihnachtsmann
Mehr als 200 Potsdamer Eltern tun es: Sie mieten sich einen Studenten als Weihnachtsmann.
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Nachmittags halb vier beginnt die Tour von Daniel Karbe. Wenn alles gut geht, kann er die weiße Lockenperücke acht Uhr Abends wieder abnehmen: In neun Familien übernimmt der 26-Jährige morgen die Bescherung. Denn der Potsdamer jobbt als Weihnachtsmann. Bereits zum dritten Mal ist der hochgewachsene Betriebswirtschafts-Student mit angeklebtem Rauschebart und rotem Plüschmantel unterwegs.
Insgesamt 22 Studenten schickt Roswitha Körber vom Studentenwerk Potsdam in diesem Jahr in die Spur, Frauen sind nicht dabei: „Die meisten Familien wünschen keine Frau als Weihnachtsmann“, weiß die Jobvermittlerin. Mehr als 200 Familien haben in diesem Jahr bei ihr gebucht, sagt sie. Aber der Bedarf ist offenbar noch größer: „Sehr sehr viele haben zu spät angerufen“, so Körber. Anmeldeschluss war bereits am 8. Dezember.
Damit der Weihnachtsmann morgen an die richtige Tür klopft und Luise nicht mit Lisa verwechselt, hat Karbe sich gut vorbereitet: Die Kartoffelsäcke für die Geschenke hat er am Donnerstag bei den Eltern abgegeben und sich dabei letzte Instruktionen fürs „Goldene Buch“ geholt: Darin steht nun zum Beispiel, welches Kind Radfahren gelernt hat oder eine Schwimmstufe abgelegt hat. So kann der Weihnachtsmann bei seinem Einsatz genau auf die Kleinen eingehen. Auch die Ermahnungen der Eltern gibt er weiter: Standardwünsche seien mehr Aufräum- Disziplin und Konzentration in der Schule, verrät der 26-Jährige.
Die Tour ist er mit seinem alten Renault Clio vorher abgefahren. Denn morgen muss alles klappen. Der Zeitplan ist straff: Eine halbe Stunde plant Karbe pro Familie, inklusive Vorbereitung und Anfahrt. „Es ist ganz wichtig, dass man dann weiß, wo man parken kann“, erklärt er. Direkt vor dem Haus geht das nämlich nicht: Schließlich soll „die Rentiergeschichte gewahrt“ bleiben. Der Weihnachts-Profi nimmt seine Sache ernst.
Um authentischer zu wirken, trägt der 26-Jährige nicht nur die klassische Kostümierung in rot-weiß, sondern färbt sich auch die Augenbrauen hell, polstert den Bauch mit einem Kissen und spricht mit tieferer Stimme: „Hohoho“. „Man bewegt sich langsam herein, setzt sich hin“, beschreibt er den weiteren Arbeitsablauf. Manche Kinder geben sich „forsch“, andere verstecken sich, berichtet Karbe. Fast alle hätten etwas vorbereitet: Gedichte oder ein Lied auf dem Keyboard werden ihm da geboten. „Es herrscht immer eine sehr herzliche Atmosphäre.“
Kein Wunder, schließlich besucht Karbe Familien, die sich diesen Service etwas kosten lassen: 20 Euro beträgt der Grundpreis für die Bescherung von einem Kind, erklärt Roswitha Körber. „Jedes weitere Kind kostet zwei Euro extra.“ Bei außerhalb gelegenen Wohnungen kommt eine Kilometerpauschale dazu. Mit der Erstellung der Routenpläne für ihre Weihnachtsmänner ist Körber den ganzen Dezember beschäftigt: „Eine Herausforderung, die aber auch viel Spaß macht, wenn’s denn gelingt.“ Seit 1994 bietet das Studentenwerk den Service an.
Dass Karbe den Heiligabend nicht in seiner Familie verbringt, kann er verschmerzen: „Man verdient ja doch ganz gut Geld“, sagt der gebürtige Rheinsberger. Er freue sich umso mehr auf den Gänsebraten am ersten Feiertag.
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