Landeshauptstadt: Mosambik statt Mathematik
Die Sportschule unterstützt seit sieben Jahren zwei Schulen in Mosambik: 20 000 Euro Spendengelder sind bereits geflossen. Damit das Geld wirklich ankommt, bringen es die Potsdamer selbst hin
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Im Stundenplan stand das nicht. Vielleicht war es am Anfang sogar nur Faulheit. „Die Schüler haben gefragt: Frau Vollbrecht, Sie haben noch gar nicht von Ihrer Reise erzählt!“, erinnert sich Evelyn Vollbrecht. Als Mathematiklehrerin dürfte sie solche Strategien der Unterrichtsvermeidung durchschauen. Warum sie ihren Schülern trotzdem und immer wieder von ihren Reisen nach Mosambik erzählt hat, bleibt ein Geheimnis. Was daraus geworden ist, kann man an der Eliteschule des Sports „Friedrich Ludwig Jahn“ Potsdam am Luftschiffhafen sehen: Sieben Jahre gibt es dort mittlerweile das Mosambik-Projekt. Und seit 2002 fahren jedes Jahr Schüler und Lehrer in den südostafrikanischen Staat.
Dort leisten sie Entwicklungshilfe in zwei Schulen: Erst im Oktober organisierten sie 30 neue Schulbänke für die Grundschule im Küstenort Tofo. Bezahlt wurden sie von den Geldern, die die Sportschüler auf dem Spendenlauf „Running for Help“ im Frühjahr gesammelt haben: In diesem Jahr insgesamt 4062 Euro. Seit Beginn des Projektes sind sogar schon etwa 20 000 Euro zusammen gekommen, schätzt Vollbrecht. Damit jeder Cent davon an die Schulen geht, müssen die Mitglieder der Potsdamer „Delegation“ ihren Flug selbst bezahlen.
„Ich habe lange Zeit gespart“, erzählt Jana-Maria Mach, die zusammen mit acht Mitschülern und drei Lehrern im Oktober nach Mosambik gereist ist. „Je näher der Termin gerückt ist, umso mehr Befürchtungen hatte ich“, erinnert sich die 18-Jährige. „Ich dachte, wir sind nur in Strohhütten untergebracht“, gesteht 13.-Klässler Frederic Büchner. Die Befürchtungen zerschlugen sich jedoch schnell, als die 24-stündige Reise überstanden war: „Die mosambikanischen Lehrer haben sich supergut um uns gekümmert“, schwärmt Mach: „Es war überwältigend, wie die Leute so lebensfroh durch die Welt gehen können.“
Zwei Anlaufpunkte gab es für die Gruppe aus Potsdam: Denn die Sportschüler unterstützen neben der Grundschule in Tofo auch ein Gymnasium 600 Kilometer südlich davon in Matola, einer Stadt im Speckgürtel der Hauptstadt Maputo. 7000 Schüler lernen dort – im Schichtsystem von 6 bis 21 Uhr, erzählt Sport- und Geschichtslehrer Dirk Alex. Die Potsdamer finanzieren für die Schule seit drei Jahren den Internetanschluss. In diesem Jahr konnten sie sich davon überzeugen, dass er genutzt wird: Denn ein Schüler aus Matola holte den ersten Preis bei einem Internet-Mathewettbewerb, erzählt Deutschlehrerin Ute Floßbach stolz. Auch die Bänke für die Schüler in Tofo waren dringend nötig: Vorher saßen die Kinder einfach auf dem Boden, so Floßbach. Außerdem kauften die Potsdamer eine Tischtennisplatte, Sportbälle, Stifte und Unterrichtsmaterialien von den Spendengeldern. „Man muss sehr vorsichtig sein, denn man erzeugt auch Neid“, gibt Vollbrecht zu bedenken.
Bis Ende Januar 2008 soll die Reise aufgearbeitet werden. „Jeder Tag hat sich gelohnt“, ist sich Frederic Büchner jetzt schon sicher. Im Februar ist eine Projektwoche geplant: Dann wollen die Schüler ihre Eindrücke in einem Tagebuch, einer Wandzeitung und einem Vortrag mit Beamer in anderen Klassen vorstellen. „Wir sind auch offen für andere Schulen“, betont Geschichtslehrer Dirk Alex.
Das Mosambik-Projekt hat mittlerweile einen festen Platz im Schulleben – nicht nur durch den jährlichen Spendenlauf. Das Thema steht fachübergreifend auf dem Stundenplan. So lesen die Schüler in der siebenten Klasse das Buch „Das Geheimnis des Feuers“ von Henning Mankell. Der Schwede, der für seine Wallander-Krimis berühmt ist, wohnt sechs Monate im Jahr in der mosambikanischen Hauptstadt Maputo.
Diesem Vorbild sind auch zwei Abiturienten der Sportschule gefolgt, erzählt Vollbrecht: Sie absolvierten Zivildienst und Soziales Jahr in Mosambik. Aber auch die Initiatorin selbst wanderte zwischenzeitlich aus: Zwei Jahre ließ sie sich beurlauben und ging mit ihrem Mann nach Mosambik. „Das war unser Traum“, sagt sie. Erst 2007 kam sie zurück nach Potsdam. Dass das Projekt ohne sie weitergelaufen ist, freut sie besonders: „Ich bin stolz auf die Schüler und Lehrer.“
Kontakt über Tel.: (0331) 289 82 20
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