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Landeshauptstadt: Mozart oder Friedrich II. Helmut Sabers ist der Flötenspieler von Sanssouci

Eines der ersten deutschen Wörter, die Helmut Sabers gelernt hat, hieß „schön“. Als der Mann aus Lettland viele Jahre später in Potsdam das Schloss Sanssouci erblickte, war er begeistert und merkte, dass dieses Wort noch steigerungsfähig ist.

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Eines der ersten deutschen Wörter, die Helmut Sabers gelernt hat, hieß „schön“. Als der Mann aus Lettland viele Jahre später in Potsdam das Schloss Sanssouci erblickte, war er begeistert und merkte, dass dieses Wort noch steigerungsfähig ist. „Das Schloss ist so leicht wie ein Flötenton“, befand er und packte sein Instrument aus, um ein wenig zu spielen. Das war zur Wendezeit. Seitdem reist der 44-Jährige, der einst am Staatsorchester von Riga beschäftigt war, regelmäßig aus dem Baltikum an und musiziert an einem hoch frequentierten Eingang zum Schlosspark, dem Mühlentor. Er ist der Flötenspieler von Sanssouci.

Manche Touristen würden in ihm die Verkörperung von Mozart sehen, andere assoziierten ihn mit Friedrich II, der selber Flöte spielte. Sein Instrument ist eine Querflöte aus Holz. Er trägt einen schwarzen Dreispitz auf dem Kopf, darunter schauen Locken einer weißen Perücke hervor. Bekleidet ist er mit einer rot-lilafarbenen Jacke mit weißen Rüschen. Die Kniehose passt zur Jacke, die Waden sind mit weißen Strümpfen bedeckt. Die Füße stecken in schwarzen Schnallenschuhen. „In den ersten Jahren habe ich ohne Kostüm gespielt“, erinnert sich Sabers. Später habe er sich eines passend zum historischen Ambiente zugelegt. Von Juni bis August stellt er seinen Notenständer auf dem leicht abschüssigen Weg zum Schloss auf, und sobald sich Besucher nähern, setzt er die Lippen ans Mundstück. „Mozart kannst du immer spielen“, meint Sabers lächelnd. Schubert und Vivaldi gehörten ebenfalls zum Repertoire. Besonders erfreut zeigten sich Touristen aus dem asiatischen Raum und Griechenland. Manch einer posiere mit dem vermeintlichen Friedrich für ein Erinnerungsfoto.

In den Sommermonaten verdiene er das Geld, das die Besucher in seinen Instrumentenkoffer werfen – das sei weit mehr als ein Monatsgehalt eines Berufsmusikers am Staatsorchester. Bevor Sabers das Ensemble Ende der 80er Jahre aus gesundheitlichen Gründen habe verlassen müssen, habe er dort neun Jahre lang als Flötist gearbeitet. Bei einem Deutschlandaufenthalt habe er Sanssouci kennen gelernt und zunächst nur ein paar Stunden im Schlosspark gespielt, bevor er seine Tätigkeit ausbaute.

Für den Musiker bedeutet das harte Arbeit. Täglich steht Sabers mit seiner Querflöte acht bis neun Stunden am Eingang und wird bei Hitze direkt von der Sonne beschienen. Er esse nicht, weil ihn das müde mache. „Eine große Portion Müsli am Morgen muss bis zum Abend reichen.“ Seine Frau bleibe mit den beiden Kindern in Sigulda in der Nähe Rigas. Dort arbeite er den Rest des Jahres als Musikschullehrer und bringe Kindern das Flötenspiel bei. „Bis Oktober musiziert dann in Sanssouci ein Landsmann von mir, der früher erster Flötist an der Rigaer Operette war“, sagt Sabers. Er ist zufrieden mit seiner Arbeit in Sanssouci. Jeden Tag erlebe er etwas Neues. Ihm bedeutet Musik sehr viel: „Wenn ich Flöte spiele, dann ist das Leben für einen Moment gestoppt.“ In seiner Liebe zur Musik könne er Friedrich den Großen, den Schlossherrn von Sanssouci, voll und ganz verstehen. Leticia Witte

Leticia Witte

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