Landeshauptstadt: Müde Briefwähler
5 500 Potsdamer haben bislang das Briefwahlrecht genutzt – Wahlsonntag in Vorbereitung
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5 500 Potsdamer haben bislang das Briefwahlrecht genutzt – Wahlsonntag in Vorbereitung Von Michael Erbach Im Haus VII der Stadtverwaltung gibt es zwei Räume, in denen zur Zeit mehr als 100 braune Koffer stehen. Penibel gepackt, mit Kugelschreibern, Abfalltüten und Klebeband, wichtiger aber noch: mit jeweils einem Exemplar des Kommunalwahlgesetzes, Musterzetteln und natürlich den originalen Stimmzetteln in genügender Zahl. Am kommenden Sonntag werden diese Koffer Grundlage der Arbeit in den vielen Wahllokalen der Landeshauptstadt und denen neuer Ortsteile sein – wenn die neue Stadtverordnetenversammlung gewählt wird. Im Keller des Stadthauses stapeln sich bereits die transportablen Wahlkabinen, hinter deren Wände dann die drei Kreuzchen gemacht werden können. Koffer und Kabinen gehen in den nächsten Tagen auf die Reise zu Schulen, Gaststätten, Seniorenklubs und anderen öffentlichen Einrichtungen. Kreiswahlleiter Matthias Förster ist sicher, dass die Wahlen gut vorbereitet sind und auch ordnungsgemäß über die Bühne gehen werden. Nur bei den Wahlhelfern sei noch Bedarf. Einige der freiwilligen Helfer seien wegen Krankheit ausgefallen. „Wir könnten noch Helfer gebrauchen.“ Je besser die Wahlvorstände besetzt seien, umso besser könne auch der Ansturm der Wähler am Sonntag bewältigt werden. Wer jedoch von den Wahlberechtigten keine Lust hat, sich am Sonntag auf den Weg zum Wahllokal zu machen, wer am Wahltag verhindert ist oder aus Gesundheitsgründen den Weg meiden will – und dennoch nicht auf sein Wahlrecht verzichten möchte, für den hat der Gesetzgeber das Briefwahlrecht geschaffen. 5 500 Potsdamer und Neubürger haben bislang von diesem Recht Gebrauch gemacht. Auch wenn bis zum Samstag, wenn zum letzten Mal der Posteingang geprüft wird, noch einige vorab ausgefüllten Stimmzettel hinzu kommen werden, die Kommunalwahl 2003 wird auf jeden Fall nicht durch die Briefwähler entschieden. Am 27. Oktober des vergangenen Jahr waren es die Briefwähler gewesen, die die Oberbürgermeisterwahl am Ende knapp zugunsten von Jann Jakobs (SPD) entschieden. Noch bis fast zum Schluss hatte Herausforderer Hans-Jürgen Scharfenberg (PDS) in der Stichwahl vorne gelegen. Da die Auszählung der vielen Brief-Stimmzettel damals sehr lange dauerte, kamen diese Ergebnisse auch erst ganz zuletzt auf den Tisch - und entschieden die Wahl, weil sehr viele SPD-Stimmen dabei waren, erzählt Förster. Da der Kreiswahlleiter davon ausgeht, dass die Zahl der Wähler, die von ihrem Briefwahlrecht Gebrauch macht, „relativ stabil“ sei, könne die bislang wesentlich geringere Zahl von Briefwählern möglicherweise ein Hinweis darauf sein, dass die Wahlbeteiligung am Sonntag geringer werden wird, als bei anderen Wahlen. Kein Wunder, dass Oberbürgermeister Jann Jakobs die Potsdamer aufgerufen hat, am Sonntag von ihrem Wahlrecht Gebrauch zu machen. Ein Aufruf, der von allen anderen Parteien und Gruppierungen unterstützt wird. Das Briefwahllokal in der ersten Etage des Stadthauses ist in drei Zimmern untergebracht, in denen auch gewählt werden kann. In den gestrigen Nachmittagsstunden war eines der Zimmer zeitweise geschlossen – wegen des zu geringen Andrangs. Nur vereinzelt tauchen Potsdamer auf, um ihre Briefwahlunterlagen abzugeben. „Ich bin am Sonntag nicht in Potsdam“, begründet eine ältere Frau ihren vorzeitigen Urnengang. Eine andere kann wegen eines Pflegefalls am Sonntag nicht aus dem Haus. Der PDS-Fraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg hat hingegen Sorge, vom PDS-Bundesparteitag am Wochenende in Chemnitz nicht rechtzeitig zurückzukommen. Vielleicht hofft er aber auch, dass seine drei Kreuzchen den Stimmenanteil seiner Partei bei den Briefwählern diesmal positiver beeinflusst und es nicht wieder zu einer bösen Überraschung kommt. Das Briefwahllokal ist noch bis Freitagabend 18 Uhr geöffnet.
Michael Erbach
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