
© Manfred Thomas
Landeshauptstadt: Musikmix aus C64 und Klassik
In Babelsberg erleben drei Berlinale-Talente echte Filmmusik-Praxis
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Babelsberg - Die Stimmung unter den Musikern ist gelöst, mancher der 60 Mitglieder des Babelsberger Filmorchesters spielt sich im Großen Saal am Studio Babelsberg ein, andere trinken Kaffee, erzählen, lachen. Allein bei drei jungen Männern steht am Donnerstagvormittag in Babelsberg Anspannung im Gesicht. Es sind die Filmmusik-Talente des „Score Competition“-Wettbewerbs beim 8. Berlinale Talent Campus. Dort treffen sich rund 350 von einer Jury ausgewählte junge Filmschaffende aller Bereiche und aus 95 Nationen, die während des Filmfestivals mit Experten ihres Genres zusammenkommen und Filmpraxis schnuppern. Zu ihnen gehört Filmmusik-Komponist Alexander Komlew, der am Donnerstagvormittag hochkonzentriert im Regieraum sitzt und mit dem Dirigenten seine Partitur durchgeht. Gleich werden 60 Musiker seine Komposition spielen.
„Es ist schon etwas Besonderes, wenn ein großes Orchester wie das Babelsberger Filmorchester deine Musik spielt“, sagt der 28-Jährige nach der gut einstündigen Aufnahme. Der Münchener Musikhochschüler hatte mit seiner eingereichten Filmmusik die Jury überzeugt. Diese lobte vor allem Komlews „ausgezeichnete Orchesterarbeit“.
Vertont wird ein fünfminütiger Ausschnitt des Kurzfilms „Please say something“ von David O''Reilly, der 2009 den Goldenen Bären bei den Berlinale Shorts gewonnen hat. „Das ist ein Animationsfilm in früher C64-Computerspiel-Optik“, erzählt Komlew. „Dazu fiel mir eine Verknüpfung aus klassischer Filmmusik und piepsigen Computerspielsounds ein.“ Für die rund fünfminütige Komposition hat Komlew „acht Tage durchgearbeitet“. Immerhin mussten für jedes Instrument die Noten geschrieben werden.
Nach dem Einspiel ist Komlew nur noch glücklich. „Ich weiß nicht, ob es etwas Schöneres gibt“, gesteht der Blondschopf. Allerdings: Die Arbeit ist noch nicht vorbei. Bis zur Uraufführung am kommenden Donnerstag in Berlin, bei der auch die Kompositionen der beiden anderen Filmmusik-Talente Camilo Sanabria aus Kolumbien und Vladimir Cháb aus der Tschechei präsentiert werden, ist noch einiges zu tun. Anfang der Woche wird die eingespielte Musik in der Babelsberger Hochschule für Film und Fernsehen „Konrad Wolf“ auf die Filmbilder gemischt. Viel Zeit für die „echte“ Berlinale bleibt dem Münchener, der neben seinem Studium auch Popsongs – unter anderem für Monrose und die Popstars-TV-Show schreibt – da nicht. Allerdings stehen auch ganz andere Höhepunkte für den aufstrebenden Filmmusiker an: Unter anderem ein Treffen mit Alexandre Desplat, einem „Großen“ unter den Filmmusikern, der bei Filmen wie „New Moon – Bis(s) zur Mittagsstunde“, „Syriana“ oder ganz aktuell Roman Polanskis Babelsberg-Film „The Ghost Writer“ die Kompositionen beisteuerte. Desplat ist Filmmusik-Mentor des diesjährigen Talent-Campus. Kay Grimmer
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