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Predigt. Das Freitagsgebet der Potsdamer Muslime findet in der Orangerie der Biosphäre statt.

© Sebastian Gabsch

Islamischer Verein reagiert auf Kritik an Freitagsgebeten: Muslime veröffentlichen Predigten

Die Predigten der Freitagsgebete in Potsdam werden teilweise ins Deutsche übersetzt. Unterdessen geht die Standortsuche für eine neue Moschee weiter.

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Potsdam - Die Debatte um die Freitagsgebete in Potsdam zeigt Wirkung: Der Verein der Muslime in Potsdam hat inzwischen damit begonnen, wesentliche Teile seiner Freitagsgebete übersetzt auf seiner Internetseite zu veröffentlichen. „Es ist wichtig anzumerken, dass die Übersetzung der Freitagspredigt trotz Mühe nur einen Teil der Predigt widerspiegelt“, heißt es auf der Internetseite des Vereins zur Erklärung. Die Predigt wird auf Arabisch gehalten und anschließend ins Deutsche übersetzt.

In der der aktuell verfügbaren Predigt vom vergangenen Freitag ging es laut dem Titel um „Gute Nachbarn“. In dem Text heißt es eingangs: „Nachbarschaft ist eine der wichtigsten Formen gesellschaftlichen Zusammenlebens. Schließlich brauchen wir gute soziale Kontakte wie die Nachbarschaft, um ein erfülltes Leben führen zu können.“ In dem Zusammenhang wird auch eine Sure aus dem Koran zitiert: „Und dient Allah und stellt ihm nichts zur Seite. Und seid gut zu den Eltern, den Verwandten, den Waisen, den Armen, dem Nachbarn, sei er einheimisch oder aus der Fremde, zu den Gefährten, den Reisenden und zu denen, welche ihr von Rechts wegen besitzt. Siehe, Allah liebt nicht den Hochmütigen, den Prahler.“ Ein Moslem sei jemand, der niemandem Schaden zufüge, weder durch seine Worte noch durch seine Taten: „Er achtet die Rechte seiner Nachbarn, hilft ihm, wo er kann und tut nichts, was ihm missfallen würde.“ Nachbarn sollten sich freuen können, dass nebenan eine muslimische Familie lebt. „Denn indem wir gute Nachbarn sind, zeigen wir mit unseren Taten auch, was es heißt, ein guter Muslim zu sein.“

Genauere Übersetzung sei zu aufwendig

Eine Woche vorher ging es beim Freitagsgebet um den Wert der Hilfsbereitschaft. „Lasst uns für die Armen und Bedürftigen den Tisch decken“, hieß es unter anderem. Und: „Öffnen wir unsere Herzen. Tun wir unser Bestes und besinnen uns auf Werte wie Menschlichkeit, Verantwortung und Geschwisterlichkeit.“ Oder: „Als Muslime haben wir die Verantwortung, unser Hab und Gut mit Bedürftigen zu teilen“.

Vereinssprecher Habib Weide sagte den PNN am Montag auf Anfrage, die veröffentlichte Übersetzung stelle „den Kern“ der jeweiligen Freitagsgebete dar und werde dort auch vor Ort auf Deutsch verlesen. Eine noch genauere Übersetzung sei für den ehrenamtlich arbeitenden Vorstand der Gemeinde nicht möglich, schränkte Weide allerdings ein.

Vorwurf: Integrationshemmende Inhalte

Mit der teilweisen Veröffentlichung reagiert die Gemeinde auf die Debatte um die Predigten. Wie berichtet hatte der Journalist Constantin Schreiber nach dem Besuch eines Freitagsgebets in Potsdam erklärt, dieses sei für muslimische Flüchtlinge integrationshemmend gewesen und habe einen zu konservativen Islam vermittelt. Das hatte Schreiber in seinem Bestseller „Inside Islam“ erklärt. Zu einer ähnlichen Einschätzung kam auch der Landesverfassungsschutz. Im Zuge der Debatte hatte die Gemeinde zugesagt, ihre Predigten in übersetzter Form zu veröffentlichen. Der Potsdamer Imam Kamal Abdallah hatte die Vorwürfe von Schreiber bestritten. Der Verein der Muslime wurde 1998 gegründet und zählt sich zum klassisch-sunnitischen Islam. Der Verein verfolge „ausdrücklich keine politischen oder nationalistischen Ziele“, heißt es auf der Internetseite: „Wir distanzieren uns von Gewalt und von Personen oder Gruppen, die dazu aufrufen.“ Für ein von Sozialdezernent Mike Schubert (SPD) angeregtes Gespräch zwischen Imam und Autor steht bislang noch kein Termin fest.

Gebetsräume in der Moschee überfüllt

Zudem suchen Stadt und Gemeinde derzeit gemeinsam nach einem Standort für eine neue Moschee oder zumindest Gebetsräume. Zuletzt hatte das Landeskulturministerium 30 000 Euro für die Unterbringung der Gemeinde in Aussicht gestellt. Seit dem Herbst nutzen die Muslime nach Vermittlung von Schubert einen Raum in der Biosphäre für ihr Freitagsgebet, weil die eigentliche Moschee in der Straße Am Kanal zu klein ist und viele Gläubige bereits auf dem Gehweg beten mussten. Nach AfD-Protesten vor Ort hatte sich die Stadtspitze für die Biosphäre als Übergangsquartier entschieden, um die Situation vor dem nahenden Winter nicht weiter eskalieren zu lassen. Das Handeln habe der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung gedient und dem Schutz der Gesundheit der Betenden, hatte Schubert erklärt. Die Stadt zahlt für die Anmietung der von einer kommunalen Gesellschaft betriebenen Biosphäre 1500 Euro pro Woche.

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